Banach-Raum

Ein Banach-Raum, benannt nach dem Mathematiker Stefan Banach, ist ein vollständiger normierter linearer Raum.
Ein Banach-Raum ist also ein Vektorraum VV über einem Körper K\bm{K} (normalerweise die reellen oder komplexen Zahlen) mit einer Norm und einer durch diese Norm induzierten Metrik, bezüglich der jede Cauchy-Folge aus Elementen von VV gegen ein Element von VV konvergiert.
Banach-Räume gehören zu den zentralen Studienobjekten der Funktionalanalysis. Die interessantesten Banach-Räume sind unendlich-dimensionale Funktionenräume.

Beispiele

Im Folgenden sei K\Bbb K einer der Körper R\R oder C\Bbb C.
  • Die Euklidischen und unitären Räume Kn\Bbb K^n sind mit der 2-Norm x=xi2\|x\| = \sqrt{\sum\limits |x_i|^2} Banach-Räume.
  • Der Raum aller stetigen Funktionen f:[a,b]Kf: [a,b]\to \Bbb K auf einem kompakten Intervall wird mit der Supremumsnorm f=sup{f(x):x[a,b]}\|f\| = \operatorname{sup} \{|f(x)|: x\in [a,b]\} zu einem Banach-Raum. Dies ist in der Tat eine Norm, da stetige Funktionen auf einem kompakten Intervall beschränkt sind. Der Raum ist vollständig unter dieser Norm und der resultierende Banach-Raum wird geschrieben als C[a,b]C[a, b].
    • Dieses Beispiel kann auf den Raum C(X)C(X) aller stetiger Funktionen XKX \to \Bbb K verallgemeinert werden, wobei XX ein kompakter Raum ist, oder auf den Raum aller beschränkten stetigen Funktionen XKX \to \mathbb{K}, wobei XX ein beliebiger topologischer Raum ist, oder sogar auf den Raum B(X)B(X) aller beschränkten Funktionen XKX \rightarrow \mathbb{K} auf einer beliebigen Menge XX.
In all diesen Beispielen kann man Funktionen multiplizieren und im selben Raum bleiben: diese Banachräume sind damit sogar Banach-Algebren.
  • Sei p1p \ge 1 eine reelle Zahl, so kann man den Raum aller Folgen (x1,x2,x3,)(x_1, x_2, x_3, \ldots \, ) mit Elementen aus K\mathbb{K} betrachten, welche die Eigenschaft haben, dass die unendliche Reihe xip\sum\limits | x_i |^p konvergiert.
    Die pp-te Wurzel des Wertes dieser Reihe sei dann definiert als die pp-Norm der Folge. Der Raum zusammen mit dieser Norm ist ein Banach-Raum; er wird bezeichnet mit lpl^p.
  • Der Banach-Raum ll^\infty besteht aus allen beschränkten Folgen mit Elementen aus K\mathbb{K}; die Norm solch einer Folge ist definiert als das Supremum der Absolutbeträge der Elemente der Folge.
  • Wiederum, falls p1p \ge 1 eine reelle Zahl ist, kann man alle Funktionen f:[a,b]Kf : [a, b] \rightarrow \mathbb{K} betrachten, wobei fp| f |^pLebesgue-integrierbar ist. Die pp-te Wurzel aus diesem Integral sei dann die Norm von ff. An sich ist dieser Raum noch kein Banach-Raum, denn es gibt Funktionen, die nicht Null sind, ihre Norm jedoch wohl. Man definiert eine Äquivalenzrelation wie folgt: ff und gg sind äquivalent genau dann, wenn die Norm von fgf - g Null ist. Die Menge der Äquivalenzklassen bildet dann einen Banach-Raum; er wird bezeichnet mit Lp[a,b]L^p [a, b]. Es ist entscheidend, hier den Raum der Lebesgue-integrierbaren Funktionen zu betrachten und nicht den Raum der Riemann-integrierbaren Funktionen, denn im zweiten Fall erhält man keinen vollständigen Raum.

Lineare Operatoren

Sind VV und WW Banach-Räume über demselben Körper K\mathbb{K}, so wird die Menge aller stetigen K\mathbb{K}-linearen Abbildungen A:VWA: V \rightarrow W mit L(V,W)L(V, W) bezeichnet.
Man bemerke, dass in unendlich-dimensionalen Räumen nicht alle linearen Abbildungen notwendigerweise stetig sind. L(V,W)(V,\, W) ist ein Vektorraum, und indem man die Norm ||AA|| = sup { ||Ax|| : xx in VV mit ||xx|| ≤ 1 } definiert, kann er in einen Banach-Raum verwandelt werden.
Der Raum L(V)(V) = L(V,V)(V,\, V) bildet sogar eine unitäre Banach-Algebra; die Multiplikationsoperation ist gegeben durch die Komposition linearer Abbildungen.

Ableitungen

Es ist möglich die Ableitung einer Funktion ff : VVWW zwischen zwei Banachräumen zu definieren. Intuitiv sieht man, dass, falls xx ein Element von VV ist, die Ableitung von ff im Punkt xx eine stetige lineare Abbildung ist, die ff nahe xx approximiert.
Formal gesprochen nennt man ff differenzierbar in xx, falls eine stetige lineare Abbildung A:VWA : V \to W existiert, so dass
limh0f(x+h)f(x)A(h)(h)=0\lim_{h\to 0} {\|f(x + h) - f(x) - A(h)\| \over \|h\|} = 0
gilt. Der Grenzwert wird hier über alle Folgen mit nicht-Null-Element aus VV gebildet, die gegen 0 konvergieren. Falls der Grenzwert existiert, schreibt man Df(x)f(x) = AA und nennt es die Ableitung von ff in xx.
Dieser Begriff der Ableitung ist eine Verallgemeinerung der gewöhnlichen Ableitung von Funktionen RR\R \to \R, da die linearen Abbildungen von R\R auf R\R einfach Multiplikationen mit reellen Zahlen sind.
Falls ff differenzierbar ist in jedem Punkt xx aus VV, dann ist Dff : VV → L(V,W)(V,\, W) eine weitere Abbildung zwischen Banachräumen (im Allgemeinen keine lineare Abbildung!), und kann möglicherweise erneut differenziert werden, wodurch die höheren Ableitungen von ff definiert werden. Die nn-te Ableitung im Punkt xx kann somit als multilineare Abbildung VnWV_n \to W gesehen werden.
Differentiation ist eine lineare Operation im folgenden Sinne: sind ff und gg zwei Abbildungen VV - WW, die in xx differenzierbar sind, und rr und ss sind Skalare aus K\mathbb{K}, dann ist rf + sg differenzierbar in xx mit D(rf + sg)(x)(x) = rrD(f)(x)(f)(x) + ssD(g)(x)(g)(x).
Die Kettenregel ist in diesem Zusammenhang ebenfalls gültig: falls ff : VVWW differenzierbar ist in xx aus VV und gg : WWXX differenzierbar ist in f(x)f(x), dann ist die Komposition gg o ff differenzierbar in xx und die Ableitung ist die Komposition der Ableitungen:
D(gg o ff)(x)(x) = D(g)(f(x))(g)(f(x)) o D(f)(x)(f)(x)

Dualer Raum

Ist VV ein Banach-Raum und K\mathbb{K} der zugrundeliegende Körper, dann ist K\mathbb{K} selbst ebenfalls ein Banach-Raum (mit dem Absolutbetrag als Norm) und man kann den dualen Raum definieren durch V=L(V,K)V' = L(V, \mathbb{K}). Dieser ist wiederum ein Banach-Raum. Er kann verwendet werden, um eine neue Topologie auf VV zu definieren: die schwache Topologie.
Es gibt eine natürliche Abbildung FF von VV auf V=L(V,K)V'' = L(V',\mathbb{K}) definiert durch
F(x):VK,F(x)(f)=f(x)F(x): V'\to \mathbb K, F(x)(f) = f(x)
für alle xx aus VV und ff aus VV'. Wie es aus dem Satz von Hahn-Banach folgt, ist diese Abbildung injektiv; falls sie zudem noch surjektiv ist, so nennt man den Banachraum VV reflexiv. Reflexive Räume haben viele wichtige geometrische Eigenschaften. Ein Raum ist reflexiv genau dann wenn sein Dual reflexiv ist, was der Fall ist genau dann wenn seine Einheitskugel in der schwachen Topologie kompakt ist.

Einordnung in die Hierarchie mathematischer Strukturen

Jeder Hilbert-Raum ist ein Banach-Raum, aber nicht umgekehrt: ein Banach-Raum ist genau dann ein Hilbert-Raum, wenn in ihm die Parallelogrammgleichung gilt.
Einige wichtige Räume in der Funktionalanalysis, zum Beispiel der Raum aller unendlich oft differenzierbaren Funktionen RR\mathbb{R} \rightarrow \mathbb{R} oder der Raum aller Distributionen auf R\mathbb{R}, sind zwar vollständig aber keine normierten Vektorräume und daher keine Banachräume. In Fréchet-Räumen hat man noch eine vollständige Metrik, während LF-Räume vollständige uniforme Vektorräume sind, die als Grenzfälle von Fréchet-Räumen auftauchen.
 
 

"Offensichtlich" ist das gefährlichste Wort in der Mathematik.

Eric Temple Bell

Copyright- und Lizenzinformationen: Diese Seite basiert dem Artikel Banach-Raum aus der frеiеn Enzyklοpädιe Wιkιpеdιa und stеht unter der Dοppellizеnz GNU-Lιzenz für freie Dokumentation und Crеative Commons CC-BY-SA 3.0 Unportеd (Kurzfassung). In der Wιkιpеdιa ist eine Listе dеr Autorеn des Originalartikels verfügbar. Da der Artikel geändert wurde, reicht die Angabe dieser Liste für eine lizenzkonforme Weiternutzung nicht aus!
Anbieterkеnnzeichnung: Mathеpеdιa von Тhοmas Stеιnfеld  • Dοrfplatz 25  •  17237 Blankеnsее  • Tel.: 01734332309 (Vodafone/D2)  •  Email: cο@maτhepedιa.dе