Die Poisson-Verteilung ist eine diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung, die beim mehrmaligen Durchführen eines Bernoulli-Experiments entsteht. Letzteres ist ein Zufallsexperiment, das nur zwei mögliche Ergebnisse besitzt (z.B. "Erfolg" und "Misserfolg"). Führt man ein solches Experiment sehr oft durch und ist die Erfolgswahrscheinlichkeit gering, so ist die Poisson-Verteilung eine gute Näherung für die entsprechende Wahrscheinlichkeitsverteilung. Die Poisson-Verteilung wird deshalb manchmal als die Verteilung der seltenen Ereignisse bezeichnet (siehe auch Gesetz der kleinen Zahlen). Zufallsvariablen mit einer Poisson-Verteilung genügen dem Poisson-Prozess.
Die Poisson-Verteilung ist zugleich ein Spezialfall der Panjer-Verteilung.
Siméon Denis Poisson veröffentlichte 1837 diese Verteilung zusammen mit seiner Wahrscheinlichkeitstheorie in dem Werk "Recherches sur la probabilité des jugements en matières criminelles et en matière civile". ("Forschungsarbeiten zur Wahrscheinlichkeit von Urteilen im verbrecherischen Bereich und im Zivilbereich").
Erweiterungen der Poisson-Verteilung wie die Verallgemeinerte Poisson-Verteilung und die Gemischte Poisson-Verteilung werden vor allem im Bereich der Versicherungsmathematik angewandt.
Herleitung
Mit der mittleren Anzahl der eintretenden Ereignisse pro Zeiteinheit λ und der WahrscheinlichkeitPn(T), dass im Zeitraum T insgesamt n Ereignisse eintreten, gibt λdt die Wahrscheinlichkeit an, dass in dt ein Ereignis stattgefunden hat, und 1−λdt die Wahrscheinlichkeit, dass in dt kein Ereignis stattgefunden hat. Daraus resultieren die Beziehungen
Dieses System lässt sich durch Verwenden einer generierenden Funktion lösen. Dabei werden die Pi(T) als Koeffizienten einer Potenzreihe eingesetzt, durch Koeffizentenvergleich lässt sich ein geschlossener Ausdruck für die Pi(T) gewinnen
Pn(T)=n!e−λT(λT)n.
Eigenschaften
Die Poisson-VerteilungPλ wird durch den Parameter λ vollständig charakterisiert.
Die Poisson-Verteilung ist stationär, d.h. nicht von der Zeit abhängig.
In einem Poisson-Prozess ist die zufällige Anzahl der Ereignisse bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Poisson-verteilt, die zufällige Zeit bis zum n-ten Ereignis Erlang-verteilt. Wichtig ist der Spezialfall n=1, der zur Exponentialverteilung führt. Sie beschreibt die Zeit bis zum ersten zufälligen Ereignis (sowie die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ereignissen) eines Poissonprozesses.
Verteilungsfunktion
Die Verteilungsfunktion F(x) der Poisson-Verteilung lautet
Die momenterzeugende Funktion der Poisson-Verteilung ist
mX(s)=eλ(es−1).
Reproduktivität
Die Poisson-Verteilung ist reproduktiv, d.h. die Summe X1+X2 zweier stochastisch unabhängiger Poisson-verteilter Zufallsgrößen X1 und X2 mit den Parametern λ1 und λ2 ist wieder Poisson-verteilt mit dem Parameter λ1+λ2.
Symmetrie
Die Poisson-VerteilungPλ hat für kleine Mittelwerteλ eine stark asymmetrische Gestalt. Für größer werdende Mittelwerte wird Pλ symmetrischer und lässt sich für λ>30 in guter Näherung durch die Gauß-Verteilung darstellen.
Beziehung zu anderen Verteilungen
Beziehung zur Binomialverteilung
Die Poisson-Verteilung lässt sich aus der BinomialverteilungBin(p,n) herleiten. Sie ist die Grenzverteilung der Binomialverteilung bei sehr kleinen Anteilen der interessierten Merkmale und sehr großem Stichprobenumfang: n→∞ und p→0 unter der Nebenbedingung, dass das Produkt np=λ konstant ist. λ ist dann für alle in der Grenzwertbildung betrachteten Binomialverteilungen wie auch für die resultierende Poisson-Verteilung der Erwartungswert.
Falls die Anzahl der Ereignisse n sehr groß und die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens p=0,5 wird, so wird aus der Poisson-Verteilung bzw. Binomial-Verteilung die Gaußsche Normalverteilung.
Beziehung zur Erlang-Verteilung
In einem Poisson-Prozess genügt die zufällige Anzahl der Ereignisse bis zu einem festgelegten Zeitpunkt der Poisson-VerteilungPoi(λ,n). Die zufällige Zeit bis zum Eintreffen des n-ten Ereignis hingegen ist Erl(λ,n) Erlang-verteilt. Im Fall n=1 geht diese Erlang-Verteilung in eine Exponentialverteilung über Erl(λ,1)=Exp(λ). Man sagt auch, dass die Poisson-Verteilung und die Erlang-Verteilung zueinander konjugierte Verteilungen sind.
Beziehung zur Exponentialverteilung
Die Zeit bis zum ersten zufälligen Ereignis sowie die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ereignissen eines Poisson-Prozesses mit dem Parameter λ ist Exp(λ) exponentialverteilt.
Zufallszahlen
Zufallszahlen zur Poisson-Verteilung werden üblicherweise mit Hilfe der Inversionsmethode erzeugt.
Seit der Zeit der Griechen bedeutet "Mathematik" zu sagen, "Beweis" zu sagen.