Exponentialverteilung
Dichte der
Exponentialverteilung mit verschiedenen Werten für
λ
- Länge eines Telefongespräches.
- Dauer von Dienstleistungen, Reparaturen, Instandhaltungsmaßnamen
- Zeit zwischen zwei Anrufen
- Lebensdauer von Atomen beim radioaktiven Zerfall
- Lebensdauer von Bauteilen, Maschinen und Geräten, wenn Alterungserscheinungen nicht betrachtet werden müssen. (MTBF)
- Alter von Lebewesen
- als grobes Modell für kleine und mittlere Schäden in Hausrat, Kraftfahrzeug-Haftpflicht, Kasko in der Versicherungsmathematik
Definition
Eine stetige
Zufallsvariable X genügt der
Exponentialverteilung Exp(λ) mit dem Parameter
λ, wenn sie die Wahrscheinlichkeitsdichte
- fλ(x)={λe−λx0x≥0xlt;0
besitzt.
Die
Exponentialverteilung hat einen reellen Parameter
λ. Er besitzt den Charakter einer Ausfallrate und
1/λ den einer Lebensdauer. Um ihre Normierbarkeit zu garantieren, wird
λ>0 gefordert.
Eine (vor allem im angelsächsischen Raum übliche) alternative Parametrisierung führt zur Wahrscheinlichkeitsdichte
- fμ(x)=⎩⎪⎪⎨⎪⎪⎧μ1e−μx0x≥0xlt;0.
Die Beziehung zur obigen Parametrisierung ist dabei einfach
μ=1/λ. Um Missverständnissen vorzubeugen, wird empfohlen, den
Erwartungswert explizit anzugeben, also von einer
Exponentialverteilung mit Erwartungswert 1/λ zu sprechen.
Eigenschaften
Den maximalen Wert nimmt die Dichtefunktion der
Exponentialverteilung bei
xmax=0 ein, er beträgt dort
fmax=λ.
Verteilungsfunktion der
Exponentialverteilung mit verschiedenen Werten für
λ
Median
Die Exponentialverteilung besitzt ihren Median bei
- x~=λln2.
Verteilungsfunktion
Die kumulierte Verteilungsfunktion der Exponentialverteilung ist
- F(x)=⎩⎪⎪⎨⎪⎪⎧0∫xfλ(t) dt=1−e−λx0x≥0xlt;0.
Erwartungswert
Die
Exponentialverteilung besitzt den
Erwartungswert λ1, denn
- E(X)=0∫∞xλe−λxdx=λ1.
Varianz
Die
Varianz ergibt sich analog zu
λ21 mittels
- Var(X)=0∫∞(x−λ1)2λe−λxdx=λ0∫∞x2e−λxdx−20∫∞xe−λxdx+λ10∫∞e−λxdx=λ21.
Standardabweichung
- σ=λ1.
Variationskoeffizient
- VarK(X)=1.
Schiefe
Die
Schiefe besitzt unabhängig vom Parameter
λ immer den Wert 2.
Charakteristische Funktion
Die charakteristische
Funktion hat die Form
- φX(s)=λ−isλ.
Momenterzeugende Funktion
Die momenterzeugende
Funktion der
Exponentialverteilung ist
- mX(s)=λ−sλ.
Überlebenswahrscheinlichkeit
Da die Exponentialverteilung auch als Lebensdauerverteilung verwendet wird, ist es möglich, damit zusammenhängende Größen wie Überlebenswahrscheinlichkeit, die Restlebensdauer und die Ausfallrate mit Hilfe der Verteilungsfunktion anzugeben. So nennt man Komplement der Verteilungsfunktion die Überlebenswahrscheinlichkeit
- P(X>x)=1−F(x)=e−λx.
Damit ergibt sich unmittelbar die auf einen Zeitpunkt
x0 bezogene
bedingte Überlebenswahrscheinlichkeit
- P(X>x0+x∣X>x0)=e−λx0e−λ(x0+x)=e−λx.
Die Exponentialverteilung ist also eine gedächtnislose Lebensdauerverteilung, d.h. die Überlebenswahrscheinlichkeit in Bezug auf einen bestimmten Zeitpunkt ist unabhängig vom bisher erreichten Alter. Im Gegensatz zur Weibull-Verteilung kann die Exponentialverteilung also für sogenannte ermüdungsfreie Systeme verwendet werden
Die Ausfallrate
r(x) ergibt sich zu
- r(x)=1−F(x)f(x)=e−λxλe−λx=λ.
Sie ist für die Exponentialverteilung zeitlich und räumlich konstant.
Gedächtnislosigkeit
Die Exponentialverteilung ist im folgenden Sinne "gedächtnislos":
- P(X≥x+t∣X≥x)=P(X≥t)
Das bedeutet: Ist bekannt, dass eine exponentialverteilte
Zufallsvariable X den Wert
x überschreitet, so ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sie
x um mindestens
t überschreitet genau so groß wie die, dass eine exponentialverteilte
Zufallsvariable (mit gleichem Parameter
λ) den Wert
t überschreitet. Diese Verhalten wird auch Markov-Eigenschaft genannt.
Die Gedächtnislosigkeit ist sogar eine definierende Eigenschaft der
Exponentialverteilung; diese ist die einzig mögliche stetige
Verteilung mit dieser Eigenschaft. Dies folgt direkt mit der Definition der bedingten Erwartung und der Cauchy-Funktionalgleichung. Das diskrete Pendant hierzu ist die geometrische
Verteilung als einzig mögliche diskrete gedächtnislose
Verteilung.
Beziehung zu anderen Verteilungen
Beziehung zur stetigen Gleichverteilung
Wenn
X eine gleichverteilte stetige
Zufallsvariable ist, dann genügt
Y=−λ1ln(X) der
Exponentialverteilung mit dem Parameter
λ.
Beziehung zur geometrischen Verteilung
In Analogie zur diskreten geometrischen
Verteilung bestimmt die stetige
Exponentialverteilung die Wartezeit bis zum ersten Eintreffen eines seltenen Poisson-verteilten Ereignisses, die geometrische
Verteilung kann also als diskretes Äquivalent zur
Exponentialverteilung betrachtet werden.
Beziehung zur Gammaverteilung
- Die Verallgemeinerung der Exponentialverteilung, d.h. die Wartezeit bis zum Eintreffen des n-ten seltenen Poisson-verteilten Ereignisses wird mit der Gamma-Verteilung beschrieben. Die Exponentialverteilung mit Parameter λ ist also identisch mit der Gamma-Verteilung mit Parametern 1 und λ. Die Exponentialverteilung besitzt demnach auch alle Eigenschaften der Gammaverteilung. Insbesondere ist die Summe von n unabhängigen, Exp(λ)-verteilten Zufallsvariablen Gamma- oder Erlangverteilt mit Parametern n und λ.
- Die Exponentialverteilung ergibt sich aus der Gamma-Verteilung für p=1.
- Die Faltung von Exponential-Verteilungen mit demselben λ ergibt eine Gamma-Verteilung.
Beziehung zur Pareto-Verteilung
Wenn
X Pareto-verteilt
Par(α,1) mit Parametern
α und
1 ist,dann ist
logX exponentialverteilt
Exp(α) mit dem Parameter
α.
Beziehung zur Poisson-Verteilung
Die Zeitdifferenzen zwischen dem Eintreten seltener Ereignisse können häufig mit der
Exponentialverteilung beschrieben werden. Insbesondere gilt, daß der zeitliche Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Poi(λ,n) Poisson-verteilten Ereignissen
Exp(1/λ) exponentialverteilt mit dem Parameter
1/λ ist.
Herleitung: Zum Zeitpunkt
t0=0 trete ein Ereignis auf. Wie groß ist die
Wahrscheinlichkeit Pλ(t) für das Auftreten eines weiteren Ereignisses nach der Zeit
t innerhalb der Zeitspanne
dt?
Die
Zufallsvariable, die abhängig von der Zeitachse die Anzahl der bisher eingetretenen Ereignisse aufsummiert, ist Poisson-verteilt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass bis zum Zeitpunkt
t1 (also im konkreten Zeitintervall
[0,t1]) kein Ereignis auftritt, beträgt somit
- Pλ(0)=0!(λt)0⋅e−λt=e−λt
Die durchschnittliche Anzahl von Kunden im
Intervall [0,t] beträgt
λdt. Das Produkt beider Teile ist die gesuchte
Exponentialverteilung w(t):
Pλ(t)dt=λe−λtdt
Ein Beispiel ist unter
Verteilung von Zufallszahlen aufgeführt.
Beziehung zur Erlang-Verteilung
- Für einen Poisson-Prozess wird die zufällige Anzahl der Ereignisse bis zu einem definierten Zeitpunkt mittels Poisson-Verteilung bestimmt, die zufällige Zeit bis zum n-ten Ereignis ist Erlang-verteilt. Im Fall n=1 geht diese Erlang Verteilung in eine Exponentialverteilung über Erl(λ,1)=Exp(λ), mit der die Zeit bis zum ersten zufälligen Ereignis sowie die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ereignissen bestimmt werden kann.
- Die Summe von n unabhängigen Exp(λ) exponentialverteilten Zufallsgrößen genügt der Erlang-Verteilung n-ter der Ordnung Erl(λ,n).
Beziehung zur Weibull-Verteilung
- Mit β=1 geht die Weibull-Verteilung in die Exponentialverteilung über. Mit anderen Worten: Die Exponentialverteilung behandelt Probleme mit konstanter Ausfallrate λ. Untersucht man jedoch Fragestellungen mit steigender α>1 oder fallender α<1 Ausfallrate, dann geht man von der Exponentialverteilung zur Weibull-Verteilung über.
- Wenn X exponential-verteilt ist, dann ist Xα Weibull-verteilt.
Beziehungen zur χ²-Verteilung
Die
χ²-Verteilung geht für
n=2 in die
Exponentialverteilung mit dem Parameter
λ=21 über.
Anwendungsbeispiel
Die
Exponentialverteilung ist eine typische Lebensdauerverteilung. So ist beispielsweise die Lebensdauer von elektronischen Bauelementen häufig annähernd exponentialverteilt. Hierbei spielt besonders die Gedächtnislosigkeit eine bedeutende Rolle: die
Wahrscheinlichkeit, dass ein x Tage altes Bauelement noch mindestens t Tage hält, ist demnach genauso groß wie die, dass ein neues Bauelement überhaupt t Tage hält. Charakteristisch bei der
Exponentialverteilung ist die konstante Ausfallrate
λ.
Dies ist zum Beispiel bei Glühlampen nur annähernd richtig, da diese nur beim Einschalten stark beansprucht werden. Auf Lebewesen darf ebenfalls keine
Exponentialverteilung angewendet werden, sonst wäre zum Beispiel die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Achtzigjähriger noch weitere Fünfzig Jahre lebt, genauso hoch wie die, dass ein Neugeborener das fünfzigste Lebensjahr erreicht.
Beispiel: In einer Elektronikfirma werden Funkwecker produziert. Im Rahmen der Qualitätssicherung wird anhand von Reklamationen die Funktionsdauer der Wecker untersucht. Es ist definiert X: Zeitdauer der Funktionsfähigkeit eines Funkweckers (in Tagen).
X ist exponentialverteilt mit dem konstanten Parameter
λ=0,005. In diesem Zusammenhang wird
λ als Ausfallrate bezeichnet; es fallen also durchschnittlich pro Tag 5 Promille der Wecker aus. Entsprechend ist 1/
λ die durchschnittliche Zeitdauer, bis ein Wecker ausfällt. Ein Wecker fällt also im Mittel 200 Tage nach Inbetriebnahme aus.
- 1−e−0,005⋅20=0,0952
d.h. nach 20 Tagen sind durchschnittlich ca. 10 % der Wecker ausgefallen.
Entsprechend ist der Anteil der Wecker, die mindestens 180 Tage aushalten,
- 1−(1−e−0,005⋅180)=1−0,5934=0,4066
also halten durchschnittlich ca. 40% der Wecker länger als 180 Tage.
Obwohl bei einer exponentialverteilten Lebensdauerverteilung am Anfang absolut betrachtet mehr Geräte ausfallen, ist die Ausfallrate konstant: in jedem Zeitintervall fallen relativ betrachtet immer gleich viele Geräte aus. Dieser Umstand darf nicht mit den Frühausfällen der Badewannenkurve verwechselt werden. Hier ist zu Beginn die Ausfallrate
λ höher und nicht konstant über die Lebensdauer. Zur Beschreibung der Badewannenkurve ist eine andere Lebensdauerverteilung (Weibull-Verteilung) notwendig.
Zufallszahlen
Zur Erzeugung exponentialverteilter Zufallszahlen bietet sich die Inversionsmethode an.
Die nach dem Simulationslemma zu bildende Pseudoinverse der Verteilungsfunktion
F(x)=(1−e−λx) lautet hierbei
F−1(y)=−(λ1)ln(1−y). Zu einer Folge von Standardzufallszahlen
ui lässt sich daher eine Folge
xi:=−(λ1)ln(1−ui) exponentialverteilter Zufallszahlen berechnen. Einfacher kann stattdessen auch
xi:=−(λ1)ln(ui) gerechnet werden.
Jede Wissenschaft bedarf der Mathematik, die Mathematik bedarf keiner.
Jakob I. Bernoulli
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