Sobolew-Raum
Sobolew-Räume ganzzahliger Ordnung
Sobolew-Raum (schwache Ableitungen)
Es seien
Ω⊂Rn offen und
1≤p≤∞. Der Raum derjenigen
reellwertigen Funktionen u∈Lp(Ω), deren gemischte partielle
schwachen Ableitungen bis zur Ordnung
k in
Lp(Ω) liegen, ist der
Sobolew-Raum Wk,p(Ω). Die Schreibweise
Wpk(Ω) ist ebenfalls üblich.
Sobolew-Norm
Für
Funktionen u∈Wk,p(Ω) definiert man die
Wk,p-Norm durch
- ∥u∥Wk,p(Ω)=(∣α∣≤k∑∥∂αu∥Lp(Ω)p)1/p
für
p<∞ bzw.
- ∥u∥Wk,∞(Ω)=max∣α∣≤k∥∂αu∥L∞(Ω)
Dabei ist
α ein Multiindex
α=(α1,⋯,αn) mit
αi∈N0 und
∂αu:=(∂x1α1∂α1⋯∂xnαn∂αn)u. Weiterhin ist
∣α∣=i=1∑nαi. Die
Norm ist also gerade die Summe der
Lp-Normen aller möglicher
Kombinationen partieller Ableitungen bis zur
k-ten Ordnung.
Der
Sobolew-Raum Wk,p(Ω) bzw.
Wk,∞(Ω) ist bzgl. der jeweiligen
Norm vollständig.
Sobolew-Raum (Topologischer Abschluss)
Betrachten wir nun den Raum der
C∞(Ω)-Funktionen, deren
partielle Ableitungen bis zum Grad
k in
Lp(Ω) liegen, und bezeichnen diesen
Funktionenraum mit
Ck,p(Ω). Da verschiedene
Ck,p-Funktionen nie zueinander
Lp-äquivalent (siehe auch
Lp-Raum) sind, kann man
Ck,p(Ω) in
Lp(Ω) einbetten, und es gilt folgende
Inklusion
- Ck,p(Ω)⊂Wk,p(Ω)⊂Lp(Ω)
Der Raum
Ck,p(Ω) ist bzgl. der
Wk,p-Norm nicht vollständig. Vielmehr ist dessen Vervollständigung gerade
Wk,p(Ω). Die
partiellen Ableitungen bis zur Ordnung
k können als stetige Operatoren auf diesen
Sobolew-Raum eindeutig
stetig fortgesetzt werden. Diese Fortsetzungen sind gerade die
schwachen Ableitungen.
Somit erhält man eine alternative Definition von Sobolevräumen. Nach dem Satz von Meyers-Serrin ist sie äquivalent zur obigen Definition.
Eigenschaften
Banachraum / Hilbertraum
Wie bereits erwähnt, ist
Wk,p(Ω) mit der
Norm ∥⋅∥Wk,p(Ω) ein
Banachraum. Für
1<p<∞ ist er sogar
reflexiv.
- (u,v)Wk,2(Ω):=∣α∣≤k∑(∂αu,∂αv)L2(Ω)
induziert.
Wk,2(Ω) ist daher ein
Hilbertraum, und man schreibt auch
Hk(Ω):=Wk,2(Ω).
Einbettungssätze und Sobolewzahl
Mit den obigen Bezeichnungen bildet man die Sobolewzahl
- γ=k−pn.
Mithilfe dieser Zahl lassen sich die Beziehungen zwischen Sobolewräumen einfach darstellen. Sei
Ω beschränkt in
Rn und
Ω′⊂Ω eine
Teilmenge oder eine glatte Untermannigfaltigkeit der
Dimension n′. Dann gilt der
sobolewsche Einbettungssatz
- γ≥γ′∧k≥k′⇒Wk,p(Ω)⊂Wk′,p′(Ω′)
Die
Teilmengenbeziehung ist als stetige Einbettung zu verstehen. Falls
Ω′=/Ω, handelt es sich dabei um den Spuroperator, der eine Verallgemeinerung der Restriktionsabbildung
f↦f∣Ω′ darstellt. Diese kann nicht direkt auf
Sobolew-Räume angewendet werden, da wir
Funktionen, die fast überall gleich sind, miteinander identifiziert hatten. Der Spuroperator ist als stetige Fortsetzung des Restriktionsoperators für die
stetigen Funktionen zu verstehen. Die Einbettung ist
kompakt, falls
γ>γ′ und
k>k′.
Randwertprobleme
Die
schwache Ableitung beziehungsweise die
Sobolew-Räume wurden zum Lösen
partieller Differentialgleichungen entwickelt. Jedoch gibt es beim Lösen von Randwertproblemen noch eine Schwierigkeit. Die
schwach differenzierbaren Funktionen sind ebenso wie die
Lp-Funktionen auf Nullmengen nicht definiert. Der Ausdruck
f∣∂Ω=g für
f∈Wq,p(Ω) und
g∈C(∂Ω) gibt also erst mal keinen Sinn. Für dieses Problem wurde die Restriktionsabbildung
f↦f∣∂Ω zum Spuroperator verallgemeinert.
Spuroperator
Sei
Ω⊂Rn ein beschränktes
Gebiet mit
C1-Rand. Dann existiert ein beschränkter,
linearer Operator
- T:W1,p(Ω)→Lp(∂Ω),
so dass
- Tu=u∣∂Ω falls u∈W1,p(Ω)∩C(Ω)
und
- ∥Tu∥Lp(∂Ω)≤C∥u∥W1,p(Ω)
für alle
u∈W1,p(Ω) gilt. Die Konstante
C hängt nur von
p und
Ω ab. Der Operator
T heißt Spuroperator.
Sobolew-Raum mit Nullrandbedingungen
Mit
W0k,p(Ω) wird der Abschluss von
Cc∞(Ω) in
Wk,p(Ω) bezeichnet. Das bedeutet
u∈W0k,p(Ω) gilt genau dann, wenn es eine
Folge (um)m∈N⊂Cc∞(Ω) gibt mit
um→u in
Wk,p(Ω). Für
k=1 kann man beweisen, dass diese
Menge genau die Sobolew-Funktionen mit Nullrandbedingungen sind. Es gilt also
u∈W01,p(Ω) genau dann, wenn
u∣∂Ω=0 im Sinne von Spuren gilt.
Der Hilbertraum Hk = Wk,2
Lemma von Sobolew
Sei
Ω⊂Rn offen und seien
m,k∈N0 mit
m>k+2n. Ist ferner
f∈Hm(Ω), so existiert eine k-mal
stetig differenzierbare Funktion auf
Ω, die mit
f fast überall übereinstimmt. Mit anderen Worten hat jede
Äquivalenzklasse f∈Hm(Ω) einen Repräsentanten in
Ck(Ω).
Sobolew-Raum reellwertiger Ordnung
Oft werden auch
Sobolew-Räume mit reellen
Exponenten s benutzt. Diese sind im Ganzraumfall über die Fourier-Transformierte der beteiligten
Funktion definiert. Die Fourier-Transformation wird hier mit
F bezeichnet. Für
s∈R,s≥0 ist eine
Funktion f∈L2(Rn) ein Element von
Hs(Rn), falls
- (1+∣ζ∣2)2s⋅F(f)(ζ)∈L2(Rn)
gilt. Auf Grund der Identität
F(∂αf)=(iζ)αF(f) sind dies für
s∈N dieselben Räume, welche schon im ersten Abschnitt definiert wurden. Mit
- (f,g)Hs(Rn):=Rn∫(1+∣k∣2)s(F(f))(k)⋅(F(g))(k)dk
wird
Hs(Rn) zu einem
Hilbertraum. Die
Norm ist gegeben durch
- ∥f∥Hs(Rn):=∥(1+∣⋅∣2)2s⋅F(f)∥L2(Rn).
Für ein glatt berandetes, beschränktes
Gebiet Ω⊂Rn wird der Raum
Hs(Ω)⊂L2(Ω) definiert als die
Menge aller
f∈L2(Ω), die sich zu einer (auf
Rn definierten)
Funktion in
Hs(Rn) fortsetzen lassen.
Für
s<0 kann man ebenfalls
Sobolew-Räume definieren. Dazu muss jedoch auf die Theorie der
Distributionen zurückgegriffen werden. Sei
S′(Rn) der Raum der temperierten
Distributionen, dann ist
Hs(Rn) für alle
s∈R durch
- (1+∣ζ∣2)2s⋅F(f)(ζ)∈L2(Rn)
definiert.
Dual- und Hilbertraum
Betrachtet man den
Banachraum Hs mit dem
L2-Skalarprodukt
(u,v):=∫u(x)v(x)dx so ist
H−s sein
Dualraum. Jedoch kann man den Raum
Hs mit Hilfe des
Skalarproduktes
- (u,v)Hs=(2π)n1∫F(u)(ξ)F(v)(ξ)(1+∣ξ∣2)sdξ
als einen
Hilbertraum verstehen. Da
Hilberträume zu sich selbst dual sind, ist nun
Hs zu
Hs und zu
H−s (bezüglich unterschiedlicher Produkte) dual. Jedoch kann man
Hs und
H−s mit Hilfe des Isomorphismuses
- v↦F−1((1+∣ξ∣2)sF(v)(ξ))(x)=F−1F((1+∣D∣2)sv(ξ))(x)=(1+∣D∣2)sv(x)
identifizieren. Auf diese Weise lassen sich auch die Räume
Hs und
Hs−l mit dem
Isomorphismus
- v↦(1+∣D∣2)2lv
identifizieren.
Literatur
- H.-W. Alt: Lineare Funktionalanalysis, Springer, 5. Auflage, 2006, ISBN 3-540-34186-2
- R. A. Adams, J. J. F. Fournier: Sobolev Spaces, Academic Press, 2nd edition, 2003, ISBN 0-12-044143-8
- L. C. Evans: Partial Differential Equations, American Mathematical Society, 1998, ISBN 0-8218-0772-2
- L. C. Evans, R. F. Gariepy: Measure Theory and Fine Properties of Functions, CRC, 1991, ISBN 0-8493-7157-0
- V. Mazja: Sobolev Spaces, Springer, 1985, ISBN 3-540-13589-8
- W. P. Ziemer: Weakly Differentiable Functions, Springer, 1989, ISBN 0-387-97017-7
Miß alles, was sich messen läßt, und mach alles meßbar, was sich nicht messen läßt.
Galileo Galilei
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