Taylorreihen

Die Approximation von Funktionen in der Nähe eines Punktes durch möglichst einfache Funktionen wie Polynome führt auf die so genannten Taylorreihen.
Zuerst zeigen wir, dass man Polynome an beliebigen Stellen in Potenzreihen entwickeln kann.

Satz 16K4 (Potenzreihendarstellung von Polynomen)

Sei p(x)=k=0nakxkp(x)=\sum\limits_{k=0}^n a_kx^k ein Polynom nn -ten Grades. Dann gilt:
p(x)=k=0np(k)(x0)k!(xx0)kp(x)=\sum\limits_{k=0}^n \dfrac{p^{(k)}(x_0)}{k!} (x-x_0)^k

Beweis

1. Fall: Sei x0=0x_0=0. p(x)=a1+2a2x++nanxn1 p'(x)= a_1+2a_2x+\cdots+na_nx^{n-1}; p(x)=2a2++n(n1)anxn2 p''(x)= 2a_2+\cdots+n(n-1)a_nx^{n-2}; ... p(k)(x)=k!ak++n(n1)(nk+1)anxnkp^{(k)}(x)= k!a_k+\cdots+n(n-1)(n-k+1)a_nx^{n-k} Also p(k)(0)=k!akp^{(k)}(0)= k!a_k für 0kn0\leq k\leq n p(k)(0)=0 p^{(k)}(0)= 0 für kn+1 k\geq n+1 p(x)=k0np(k)(0)k!xk\Rightarrow p(x)=\sum\limits_{k-0}^n \dfrac{p^{(k)}(0)}{k!}x^k
2. Fall: Sei x0x_0 beliebig. Man setze q(y):=p(y+x0)q(y):=p(y+x_0). Es gilt q(k)(y)=p(k)(y+x0)q^{(k)} (y)=p^{(k)}(y+x_0), q(k)(0)=p(k)(x0)q^{(k)}(0)=p^{(k)}(x_0). p(y+x0)=q(y)p(y+x_0)=q(y)=k=0nq(k)(0)k!yk =\sum\limits_{k=0}^n \dfrac{q^{(k)}(0)}{k!}y^k=k=0np(k)(x0)k!yk =\sum\limits_{k=0}^n \dfrac{p^{(k)}(x_0)}{k!}y^k Die Substitution y:=xx0y:=x-x_0 ergibt p(x)=k=0np(k)(x0)k!(xx0)k p(x)=\sum\limits_{k=0}^n \dfrac{p^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k \qed

Sei ff eine nn -mal stetig differenzierbare Funktion in x0x_0. Wegen Satz 16K4 liegt es nahe, den Ausdruck
k=0nf(k)(x0)k!(xx0)k\sum\limits_{k=0}^n \dfrac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k
zur Approximation von ff in der Nähe von x0x_0 zu verwenden.

Definitionen

Sei IRI\subset\R ein Intervall und f:IRf:I\rightarrow\R in x0Ix_0 \in I eine nn-mal differenzierbare Funktion. Dann heißt:
Tn(f;x0):RRT_n(f;x_0):\R\rightarrow\R
definiert durch
Tn(f;x0):=k=0nf(k)(x0)k!(xx0)kT_n(f;x_0):=\sum\limits_{k=0}^n \dfrac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k
nn-tes Taylorpolynom von ff im Punkt x0x_0.
Sei f:IRf:I\rightarrow\R beliebig oft differenzierbar in xIx\in I. Dann heißt
T(f;x0)(x):=k=0f(k)(x0)k!(xx0)kT(f;x_0)(x):=\sum\limits_{k=0}^\infty \dfrac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k
Taylorreihe von ff in xx mit Entwicklungspunkt x0x_0. Gilt für eine unendlich oft differenzierbare Funktion f:IRf:I\rightarrow\R in x0Ix_0\in I: f(x)=k=0f(k)(x0)k!(xx0)k f(x)=\sum\limits_{k=0}^\infty \dfrac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k , so sagt man, ff ist in II eine Taylorreihe entwickelbar mit dem Entwicklungspunkt x0x_0.
Rn(f;x0)=fTn(f;x0)R_n(f;x_0)=f-T_n(f;x_0) oder kürzer RnR_n heißt Restglied. f:IRf:I\rightarrow\R in x0x_0 genau dann taylorentwickelbar, wenn limnRn(x)=0\lim_{n\rightarrow\infty} R_n(x)=0 Bei einem Spezialfall der Taylorreihe mit Entwicklungspunkt 0 spricht man auch von der MacLaurinschen Reihe.

Beispiele

Exponentialfunktion

f(x)=exf(x)=e^x, x0Rx_0\in\R beliebig. f(k)(x0)=ex0f^{(k)}(x_0)= e^{x_0}. f(x)=ex=ex0exx0f(x)= e^x=e^{x_0}e^{x-x_0} =ex0k=0(xx0)kk!= e^{x_0}\sum\limits_{k=0}^\infty \dfrac{(x-x_0)^k}{k!} =k=0ex0k!(xx0)k = \sum\limits_{k=0}^\infty \dfrac{e^{x_0}}{k!}(x-x_0)^k =k=0f(k)(x0)k!(xx0)k = \sum\limits_{k=0}^\infty \dfrac{f^{(k)}(x_0)}{k!}(x-x_0)^k . Also ist f(x)=exf(x)=e^x für x0Rx_0\in\R taylorentwickelbar.

Eine nicht taylorentwickelbare Funktion

bsptaylor.png
ff ist für x0=0x_0=0 nicht taylorentwickelbar
f(x)={e1x2x00x=0f(x)=\begin{cases} e^{-\dfrac{1}{x^2}} & x\neq 0\\ 0 & x=0 \end{cases} Es gilt f(k)(0)=0f^{(k)}(0)=0 für k=0,1,2,k=0,1,2,\dots. Somit ist T(f;x0=0)=k=0f(k)(0)k!xk=0T(f;x_0=0)= \sum\limits_{k=0}^\infty \dfrac{f^{(k)}(0)}{k!}x^k=0. Aber f(x)0f(x)\neq 0 für x0x\neq 0. Damit ist ff in x0=0x_0=0 nicht taylorentwickelbar.

Eine Funktion, die sehr schlecht durch die Taylorreihe approximiert wird

Ex1.png
Die Taylorreihe einer Funktion konvergiert nicht immer gegen die Funktion. Im folgenden Beispiel stimmt die Taylorreihe auf keiner Umgebung um den Entwicklungspunkt mit der Ausgangsfunktion überein:
f(x)={e1/xfallsx>00fallsx0f(x) =\ntxbraceKO{ \array { {\e^{-1/x}}& \text {falls} &{x\gt 0} \\ 0 &\text {falls}& {x\leq 0}}}
Als reelle Funktion ist f f unendlich oft stetig differenzierbar, wobei die Ableitungen in jedem Punkt x0 x \leq 0 (insbesondere für x=0 x =0 ) ausnahmslos 0 sind. Die Taylorreihe um den Nullpunkt ist also die Nullfunktion, und stimmt in keiner Umgebung der 0 mit f f überein. Die Taylorreihe um einen Punkt a>0 a >0 konvergiert zwischen 0 und 2a 2a gegen f f .
 
 

Wie ist es möglich, daß die Mathematik, letztlich doch ein Produkt menschlichen Denkens unabhängig von der Erfahrung, den wirklichen Gegebenheiten so wunderbar entspricht?

Albert Einstein

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