Die Delta-Distribution

Definition

Die Delta-Distribution ist eine stetige lineare Abbildung von einem Funktionenraum der Testfunktionen E\mathcal{E} in den zugrunde liegenden Körper K\mathbb{K}:
δ ⁣:EK,ff(0)\delta\colon\,\mathcal{E}\to\mathbb{K}\,,\,f\mapsto f(0) .
Der Testfunktionenraum für die Delta-Distribution ist der Raum der beliebig oft differenzierbaren Funktionen C(Ω)C^\infty (\Omega) mit ΩRn\Omega \subset \mathbb{R}^n bzw. ΩCn\Omega \subset \mathbb{C}^n offen. Somit entspricht K\mathbb{K} entweder den reellen R\mathbb{R} oder den komplexen Zahlen C\mathbb{C}.
Die Delta-Distribution ordnet jeder beliebig oft differenzierbaren Funktion ff eine reelle bzw. komplexe Zahl δ(f)=f(0)\delta(f)=f(0) zu, nämlich die Auswertung der Funktion an der Stelle 0. Der Wert, den die Delta-Distribution nach Anwendung auf eine Testfunktion fEf\in\mathcal{E} liefert, schreibt man auch als
δ(f)=δ,f=f(0)\delta(f) = \langle\delta,f\rangle = f(0)
bzw. formal auch als
δ(f)=Ωδ(x)f(x)dx=f(0)\delta(f) = \int\limits_{\Omega}\delta(x)\, f(x)\,\mathrm{d}x=f(0)
Diese Schreibweise ist eigentlich nicht richtig und nur symbolisch zu verstehen, weil die Delta-Distribution eine irreguläre Distribution ist, das heißt sie lässt sich nicht durch eine lokal integrierbare Funktion in obiger Weise darstellen. Es gibt also keine Funktion δ\delta, welche der obigen Definition genügt (für Beweis siehe unten "Irregularität"). Insbesondere bei technisch orientierten Anwendungen des Konzepts sind dennoch mathematisch nicht präzise Bezeichnungen wie "Delta-Funktion", "Dirac-Funktion" oder "Impulsfunktion" gebräuchlich. Bei Verwendung der Integral-Schreibweise ist zu beachten, dass es sich nicht um ein Riemann-Integral oder Lebesgue-Integral bzgl. des Lebesgue-Maßes, sondern um die Auswertung des Funktionals δ\delta an der Stelle ff, also δ(f)=f(0)\delta(f) = f(0), handelt.

Definition über Dirac-Maß

Das durch ein positives Radon-Maß μ\mu erzeugte Funktional μ,f=f(x)dμ\langle\mu,f\rangle=\int\limits f(x)\,\mathrm{d}\mu (für fDf\in\mathcal{D}) ist eine Distribution.
Die Delta-Distribution wird von folgendem Radon-Maß - man spricht hier speziell vom Diracmaß - erzeugt:
δ(A)={1 falls 0A0 sonst ,AR\delta(A)=\begin{cases} 1\ & \text{falls }0\in A\\ 0\ & \text{sonst}\end{cases}\ ,\quad A\subset\mathbb{R}
Ein Maß lässt sich physikalisch interpretieren, z.B. als Massenverteilung oder Ladungsverteilung des Raums. Dann entspricht die Delta-Distribution einem Massenpunkt der Masse 1 oder einer Punktladung der Ladung 1 im Ursprung.
δ,f=f(x)dδ=f(0)\langle\delta,f\rangle=\int\limits f(x)\,\mathrm{d}\delta=f(0)
Befinden sich an den Stellen xiRx_i\in\mathbb{R} Punktladungen qiq_i, wobei die Summe über alle Ladungen endlich bleibt, dann wird für ARA\subset\mathbb{R} ein Maß auf der σ\sigma-Algebra aller Teilmengen von R\mathbb{R} definiert, das der Ladungsverteilung entspricht (iAi_A durchlaufe alle ii mit xiAx_{i}\in A):
ρ(A):=iAqi\rho(A):=\sum\limits_{i_{A}}q_{i}
Für dieses Maß ist dann die zugehörige Distribution:
ρ,f=f(x)dρ=iAf(xi)qi\langle\rho,f\rangle=\int\limits f(x)\,\mathrm{d}\rho=\sum\limits_{i_{A}}f(x_{i})q_{i}

Definition in der Nichtstandardanalysis

In der Nichtstandardanalysis lässt sich die "Delta-Funktion" explizit als Funktion mit den gewünschten Eigenschaften definieren.

Praktische Anwendung

Praktische Bedeutung hat der Dirac-Stoß bei der Ermittlung der Impulsantwort in der Akustik (in anderen Sparten der Physik spricht man auch von einer δ\delta-Größe, wenn man meint, dass die betreffende Größe einer schmalst-möglichen Verteilung genügt). So hat jeder Raum ein eigenes Schallverhalten. Mit einem Dirac-Impuls (angenähert durch ein Klatschen mit den Händen) kann dieses Verhalten (durch Messen des "Echos", also der Systemantwort) ermittelt werden.
Typische, technisch realisierbare Dirac-Werte:
  • Hochspannungstechnik ca. 1-100 ns Halbwertsbreite
  • Hochfrequenztechnik ca. 10-100 ps Halbwertsbreite
  • Laserpulstechnik ca. 10-100 fs Halbwertsbreite
Eine wichtige Anwendung der Delta-Distribution ist die Lösung inhomogener linearer Differentialgleichungen mit der Methode der Greenschen Funktion.

Literatur

  • Dieter Landers, Lothar Rogge: Nichtstandard Analysis. Springer-Verlag, Berlin u. a. 1994, ISBN 3-540-57115-9 (Springer-Lehrbuch).
  • Wolfgang Walter: Einführung in die Theorie der Distributionen. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. BI-Wissenschafts-Verlag, Mannheim u. a. 1994, ISBN 3-411-17023-9.
  • F. G. Friedlander: Introduction to the Theory of Distributions. With additional material by M. Joshi. 2. edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1998, ISBN 0-521-64015-6.
 
 

Die Mathematik muß man schon deswegen studieren, weil sie die Gedanken ordnet.

M. W. Lomonossow

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