Verallgemeinerte Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel

Die verallgemeinerte Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel besagt, dass das arithmetische Mittel stets größer oder mindestens so groß wie das geometrische Mittel ist.

Exakte Formulierung

Für ein nn-Tupel x=(x1,,xn)\mathbf{x}=\braceNT{x_1,\dots,x_n} nichtnegativer Zahlen xi0x_i\geq 0 sei
xˉarithm=1ni=1nxi \bar{x}_\mathrm{arithm} = \dfrac{1}{n} \sum\limits_{i=1}^n{x_i} =x1+x2++xnn= \dfrac{x_1 + x_2 + \cdots + x_n}{n}
das arithmetische Mittel dieser Zahlen und
xˉgeom=i=1nxin \bar{x}_\mathrm{geom} = \sqrtN{n}{\prod\limits_{i=1}^n{x_i}} =x1x2xnn = \sqrtN{n}{x_1\cdot x_2\cdots x_n}
das geometrische Mittel dieser Zahlen bezeichnet.
Es gilt dann:
xˉgeomxˉarithm\bar{x}_\mathrm{geom} \leq \bar{x}_\mathrm{arithm}.
Gleichheit wird genau dann erreicht, wenn alle xix_i \, gleich sind.
 
 

Beweise

Für den Fall, dass ein xix_i gleich Null ist, ist das geometrische Mittel Null und die Ungleichung ist offensichtlich erfüllt; in den folgenden Beweisen kann daher xi>0x_i>0 angenommen werden.

Beweis aus der Jensenschen Ungleichung

Die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel lässt sich beispielsweise aus der Jensenschen Ungleichung beweisen: die Logarithmusfunktion ist konkav, daher gilt
ln(λ1x1++λnxn)λ1lnx1++λnlnxn\ln(\lambda_1 x_1 + \dots + \lambda_n x_n)\geq\lambda_1 \ln x_1 + \dots + \lambda_n \ln x_n
Durch Anwendung der Exponentialfunktion auf beide Seiten folgt
λ1x1++λnxni=1nxiλi\lambda_1 x_1 + \dots + \lambda_n x_n\geq \prod\limits_{i=1}^n{x_i}^{\lambda_i}.
Für λ1=λ2==λn=1/n\lambda_1=\lambda_2=\dots =\lambda_n=1/n ergibt das genau die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel.

Polya Beweis

Von George Polya stammt ein Beweis, der lediglich die Beziehung exp(x)1+x\exp(x)\geq 1+x der Exponentialfunktion voraussetzt. Für xi/xˉarithm1x_i/\bar{x}_\mathrm{arithm}-1 gilt dann
exp(xi/xˉarithm1)xi/xˉarithm\exp\braceNT{x_i/\bar{x}_\mathrm{arithm}-1}\geq x_i/\bar{x}_\mathrm{arithm}.
Multipliziert man diese Ungleichungen für i=1,,ni=1,\dots,n, so erhält man
exp(ixi/xˉarithmn)i(xi/xˉarithm)\exp\braceNT{\sum\limits_i x_i/\bar{x}_\mathrm{arithm}-n}\geq \prod\limits_i \braceNT{x_i/\bar{x}_\mathrm{arithm}},
also
1=exp(nn)xˉgeomn/xˉarithmn1=\exp\braceNT{n-n}\geq \bar{x}_\mathrm{geom}^n/\bar{x}_\mathrm{arithm}^n,
und somit
xˉarithmnxˉgeomn\bar{x}_\mathrm{arithm}^n\geq \bar{x}_\mathrm{geom}^n.

Induktive Beweise

Der Beweis aus der Jensenschen Ungleichung und der Polya Beweis sind zwar sehr leicht verständlich, hat aber den Nachteil, dass Vorwissen über die Logarithmusfunktion beziehungsweise der Exponentialfunktion benötigt wird. Für die Untersuchung der bei der Definition der Exponentialfunktion verwendeten Folge
exp(x)=limn(1+(xn))n\exp(x) = \lim_{n \to \infty} \braceNT{ 1 + \over{x }{ n} }^n
kann aber die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel hilfreich sein. Methodisch sind daher oft induktive Beweise zweckmäßiger, diese sind für die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel aber relativ schwierig.

Beweis mit vorwärts-rückwärts Induktion

Ein induktiver Beweis der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel kann mit "vorwärts-rückwärts" Induktion erfolgen. Der Vorwärtsschritt erfolgt dabei, indem man aus der Gültigkeit der Ungleichung für n die Gültigkeit für 2n beweist. Der Rückwärtsschritt erfolgt, indem man aus der Gültigkeit von der Ungleichung für n die Gültigkeit für n-1 zeigt, indem man xn=1n1i=1n1xix_n=\dfrac{1}{n-1}\sum\limits_{i=1}^{n-1} x_i setzt. Dieser Beweis findet sich bereits bei Augustin Louis Cauchy.

Beweis mittels Hilfssatz

Ein anderer Beweis der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel ergibt sich aus Formel 1661 (a1p1anpnp1a1++pnana_1^{p_1}\cdot\dots\cdot a_n^{p_n}\le p_1a_1+\dots+p_na_n). Setzt man dort p1,,pn=1np_1,\dots,p_n=\dfrac 1 n, so erhält man die Ungleichung sofort.

Beweis aus Bernoulli-Ungleichung

Ein direkter induktiver Beweis ist mit Hilfe der Bernoullischen Ungleichung möglich: Sei o.B.d.A. xn+1x_{n+1} das maximale Element von x1,,xn,xn+1x_1,\dots,x_n,x_{n+1} und xˉarithm\bar{x}_\mathrm{arithm} das arithmetische Mittel von x1,,xnx_1,\dots,x_n. Dann gilt xn+1xˉarithm0x_{n+1}-\bar{x}_\mathrm{arithm}\geq 0 und aus der Bernoullischen Ungleichung folgt, dass
(x1++xn+1(n+1)xˉarithm)n+1\braceNT{\dfrac{x_1+\dots+x_{n+1}}{(n+1)\bar{x}_\mathrm{arithm}}}^{n+1}=(1+xn+1xˉarithm(n+1)xˉarithm)n+1 =\braceNT{1+\dfrac{x_{n+1}-\bar{x}_\mathrm{arithm}}{(n+1)\bar{x}_\mathrm{arithm}}}^{n+1}1+xn+1xˉarithmxˉarithm \geq 1+\dfrac{x_{n+1}-\bar{x}_\mathrm{arithm}}{\bar{x}_\mathrm{arithm}}=xn+1xˉarithm =\dfrac{x_{n+1}}{\bar{x}_\mathrm{arithm}}.
Mit der Induktionsvoraussetzung folgt dann
(x1++xn+1n+1)n+1\braceNT{\dfrac{x_1+\dots+x_{n+1}}{n+1}}^{n+1}xˉarithmn+1xn+1xˉarithm \geq \bar{x}_\mathrm{arithm}^{n+1}\dfrac{x_{n+1}}{\bar{x}_\mathrm{arithm}}=xˉarithmnxn+1 =\bar{x}_\mathrm{arithm}^nx_{n+1}x1xnxn+1 \geq x_1\dots x_n x_{n+1},
also genau die Behauptung.

Beweis aus der Umordnungs-Ungleichung

Ein nicht-induktiver Beweis der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel, der ohne Logarithmusfunktion auskommt, lässt sich mit Hilfe der Umordnungs-Ungleichung durchführen. Aus der Umordnungs-Ungleichung folgt nämlich, dass für positive Zahlen a1,,ana_1, \dots, a_n und jede beliebige Permutation aσ(1),,aσ(n)a_{\sigma (1)}, \dots ,a_{\sigma (n)} die Beziehung
aσ(1)a1++aσ(n)ann\dfrac{a_{\sigma (1)}}{a_1}+\dots +\dfrac{a_{\sigma (n)}}{a_n} \geq n
gelten muss. Setzt man speziell
a1=x1xˉgeom a_1 = \dfrac{x_1}{\bar{x}_\mathrm{geom}}, a2=x1x2xˉgeom2a_2 = \dfrac{x_1 x_2}{\bar{x}_\mathrm{geom}^2} ,..., an=x1x2xnxˉgeomn=1, a_n = \dfrac{x_1 x_2 \dots x_n}{\bar{x}_\mathrm{geom}^n}=1,
so folgt also
na2a1+a3a2++anan1+a1an n \leq \dfrac{a_2}{a_1}+ \dfrac{a_3}{a_2} + \dots +\dfrac{a_n}{a_{n-1}} +\dfrac{a_1}{a_n}=x2xˉgeom+x3xˉgeom+xnxˉgeom+x1xˉgeom, = \dfrac{x_{2}}{\bar{x}_\mathrm{geom}} + \dfrac{x_{3}}{\bar{x}_\mathrm{geom}} + \dots \dfrac{x_{n}}{\bar{x}_\mathrm{geom}} + \dfrac{x_{1}}{\bar{x}_\mathrm{geom}},
woraus unmittelbar die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel folgt.

Verallgemeinerungen

Ungleichung vom gewichteten arithmetischen und geometrischen Mittel

Für ein gegebenes positives Gewichtstupel w=(w1,,wn)\mathbf{w} = (w_1,\dots, w_n) mit wi>0w_i>0 und Summe w:=i=1nwiw:={\sum\limits_{i=1}^n w_i} wird mit
xˉarithm=i=1nwixiw\bar{x}_{\operatorname{arithm}}=\dfrac{\sum\limits_{i=1}^n w_i \cdot x_i }{w}
das gewichtete arithmetische Mittel und mit
xˉgeom=i=1nxiwiw\bar{x}_{\operatorname{geom}}=\sqrtN{w}{\prod\limits_{i=1}^n x_i^{w_i}},
das gewichtete geometrische Mittel bezeichnet. Auch für diese gewichteten Mittel gilt die die Ungleichung
xˉgeomxˉarithm \bar{x}_\mathrm{geom} \le \bar{x}_\mathrm{arithm}.
Der Beweis dafür folgt direkt aus obigem Beweis mit der Jensenschen Ungleichung.

Ungleichung vom harmonischen und geometrischen Mittel

Fordert man xix_i echt größer Null und ersetzt in der Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel xix_i durch 1/xi1/x_i, so erhält man die Ungleichung vom harmonischen und geometrischen Mittel:
ni=1n1xii=1nxin \dfrac{n}{\sum\limits_{i=1}^n \dfrac{1}{x_i}} \leq \sqrtN{n}{\prod\limits_{i=1}^n{x_i}}.
Diese Ungleichung gilt ebenfalls für die gewichteten Mittel:
wi=1nwixii=1nxiwiw \dfrac{w}{\sum\limits_{i=1}^n \dfrac{w_i}{x_i}} \leq \sqrtN{w}{\prod\limits_{i=1}^n x_i^{w_i} }.

Ungleichung der verallgemeinerten Mittel

Als verallgemeinertes Mittel mit Exponent kk bezeichnet man den Ausdruck
xˉ(k)=1ni=1nxikk\bar{x}(k) = \sqrtN{k}{\dfrac{1}{n}\sum\limits_{i=1}^n{x_i^k}}.
Allgemein gilt für st-\infty\le s \le t \le \infty die verallgemeinerte Mittelwertungleichung:
xˉ(s)xˉ(t)\bar{x} (s)\leq \bar{x} (t)
Diese Ungleichung lässt sich z.B. beweisen, indem man ui:=xis,vi:=1u_i:=x_i^s, v_i:=1 \, setzt und uiu_i \, und viv_i \, in die Hölder-Ungleichung mit p=t/sp=t/s \, einsetzt, oder indem man die Jensensche Ungleichung für die konvex Funktion f(x)=xtsf(x)=x^{t-s} \, auf die Werte xisx_i^s anwendet.
Auch diese Ungleichung gilt ebenfalls für die gewichteten Mittel: Sei
xˉ(w,k)=1wi=1nwixikk\bar{x}(\mathbf{w},k) = \sqrtN{k}{\dfrac{1}{w}\sum\limits_{i=1}^n{w_i x_i^k}}
das mit w\mathbf{w} gewichtete Mittel mit Exponent kk der Zahlen xix_i, so gilt für -st\infty \leq s \leq t \leq \infty die Ungleichung:
xˉ(w,s)xˉ(w,t)\bar{x}(\mathbf{w},s)\leq \bar{x}(\mathbf{w},t)
Diese Ungleichung lässt sich ebenfalls aus der Hölder-Ungleichung beweisen, indem man ui:=wixis,vi:=wiu_i:=w_i x_i^s, v_i:=w_i \, sowie p=t/sp=t/s \, setzt, oder ebenfalls, indem man die Jensensche Ungleichung für die konvex Funktion f(x)=xtsf(x)=x^{t-s} \, auf die Werte xisx_i^s anwendet.
Übertragen auf Integrale über den Maßraum (Ω,A,μ)(\Omega, \mathcal A, \mu) mit einem endlichen Maß μ(Ω)<\mu(\Omega)<\infty nimmt die Ungleichung der verallgemeinerten Mittel die Form
1μ(Ω)Ωf(x)sdμ(x)s1μ(Ω)Ωf(x)tdμ(x)t\sqrtN{s}{\dfrac{1}{\mu(\Omega)}\int\limits_\Omega |f(x)|^s \, d\mu(x)}\leq \sqrtN{t}{\dfrac{1}{\mu(\Omega)}\int\limits_\Omega |f(x)|^t \, d\mu(x)}
an, insbesondere folgt daraus LtLsL^t\subseteq L^s für die Lp-Räume LsL^s \, und LtL^t \, .

Es ist unglaublich, wie unwissend die studirende Jugend auf Universitäten kommt, wenn ich nur 10 Minuten rechne oder geometrisire, so schläft 1/4 derselben sanft ein.

Georg Christoph Lichtenberg

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