Polynome

Sei N0={0,1,2,}\N_0=\{0,1,2,\dots\} die Menge der natürlichen Zahlen, KK ein Körper und Abb(N0,K)\Abb(\N_0, K) der Vektorraum der Folgen in KK (Abbildungen p:N0Kp:\N_0\longrightarrow K, ipi) i\longmapsto p_i). Wir definieren
K[x]={p:N0Kpi0 K[x]=\{p:\N_0\longrightarrow K\: p_i\neq0 nur für endlich viele i}i \}
K[x]Abb(N0,K)K[x]\subset\Abb(\N_0, K) ist ein Untervektorraum, da komponentenweise Addition und Skalarmultiplikation die Eigenschaft, dass nur endlich viele Komponenten 0\neq0 sind, erhalten (Vektorraum der Abbildungen siehe Beispiel 15XV). Wir erklären die Multiplikation zweier Elemente a=(a0,a1,a2,) a=(a_0, a_1,a_2,\dots) und b=(b0,b1,b2,)K[x]b=(b_0, b_1,b_2,\dots)\in K[x] wie folgt: ab=c=(c0,c1,c2,)K[x] a\cdot b=c=(c_0, c_1,c_2,\dots)\in K[x] mit
ck=i+j=kaibjc_k=\sum\limits_{i+j=k}{}a_ib_j
Dadurch wird aus K[x]K[x] eine kommutative KK-Algebra.
1K[x]=(1,0,0,)K[x] 1_{K[x]}=(1,0,0,\dots)\in K[x]
K[x]K[x] heißt der Polynomring über KK.

Bemerkung

Man kann den Vektor (0,1,0,)(0,1,0,\dots) mit xx bezeichnen. Aus der Definition der Multiplikation folgt dann, dass
xk=xxk- mal=(0,0,,0,1,0,) x^k=\underbrace{x\cdot\ldots\cdot x}_{k\text{- mal}}=(0,0,\dots,0,1,0,\dots)
mit 11 an der kk-ten Stelle ist. Also lässt sich ein beliebiger Vektor
a=(a0,a1,,an,0,0,)K[x] a=(a_0,a_1,\dots,a_n,0,0,\dots)\in K[x]
auch in der Form
a=a0(1,0,)+a1(0,1,0,)++an(0,0,,0,1,0,) a=a_0(1,0,\dots) +a_1(0,1,0,\dots) +\dots+a_n(0,0,\dots,0,1,0,\dots) =a01+a1x++anxn =a_0\cdot1+a_1\cdot x+\dots+a_n\cdot x^n
schreiben. Die oben definierte Multiplikation wird dann zur üblichen Polynommultiplikation.

Polynomabbildung

Sei p=(p0,p1,,pn,0,)K[x]p=(p_0,p_1,\dots,p_n,0,\dots )\in K[x] ein Polynom. Dann heißt p~:KK \tilde{p}:K\longrightarrow K mit
λp01+p1λ++pnλn \lambda \longmapsto p_0\cdot1+p_1\cdot\lambda+\dots+p_n\cdot\lambda^n
für λK\lambda\in K die zugehörige Polynomabbildung (p~Abb(K,K)\tilde{p}\in \Abb(K, K)). Diese Abbildung wertet das Polynom pp an der Stelle λ\lambda aus. Man erhält einen KK-Algebra-Homomorphismus K[x]Abb(K,K) K[x]\longrightarrow\Abb(K, K) indem man jedem Polynom seine Polynomabbildung zuordnet pp~ p\longmapsto\tilde{p} .

Bemerkungen

Betrachten wir die reellen Polynome R[x]Abb(R,R)\R[x]\subset\Abb(\R,\R) als Teilmenge der Abbildungen von R\R nach R\R. Dann bedeutet dies nichts anderes, als dass der R\R-Algebra-Homomorphismus R[x]Abb(R,R) \R[x]\longrightarrow\Abb(\R, \R) injektiv ist.
Tatsächlich kann man für alle Körper KK mit unendlich vielen Elementen zeigen, dass K[x]Abb(K,K) K[x]\longrightarrow\Abb(K, K) injektiv ist.
Hat KK nur endlich viele Elemente, so ist K[x]Abb(K,K)K[x]\longrightarrow\Abb(K, K) nicht notwendigerweise injektiv. Das Polynom p=(x0)(x1)=x2xF2[x] p=(x-0)(x-1)=x^2-x\in{\mathbb F}_2[x] definiert die Polynomabbildung p~:F2F2\tilde{p}:{\mathbb F}_2\longrightarrow{\mathbb F}_2 mit p~(0)=020=0 \tilde{p}(0)=0^2-0=0 und p~(1)=121=0 \tilde{p}(1)=1^2-1=0. Also p~=0~\tilde{p}=\tilde{0} (=Nullpolynom) obwohl p0p\neq 0. Ist K={λ1,,λq}K=\{\lambda_1,\dots,\lambda_q\} ein beliebiger endlicher Körper, so tritt das gleiche Phänomen für p=(xλ1)(xλ2)(xλq) p=(x-\lambda_1)(x-\lambda_2)\cdot\ldots\cdot(x-\lambda_q) auf, da p~(λ)=0\tilde{p}(\lambda)=0 λK \forall\lambda\in K ist.

Grad eines Polynoms

Sei p=(p0,p1,)=pixiK[x]p=(p_0,p_1,\dots)=\sum\limits \, p_ix^i\in K[x] ein Polynom, p0p\neq0. Der Grad von pp ist
degp:=max{ipi0} \deg p:=\max\{i\,|\,p_i\neq 0\} .
Für das Nullpolynom definiert man deg0= \deg 0=-\infty .

Satz 81BL (Rechenregeln für Polynomgrad)

Für P,QK[x]P,Q\in K[x] gilt
  1. deg(PQ)=degP+degQ\deg (PQ)=\deg P+\deg Q
  2. deg(P+Q)max{degP,degQ}\deg (P+Q)\le\max\{\deg P,\deg Q\}, wobei die Ungleichheit nur dann auftritt, wenn degP=degQ=n\deg P=\deg Q=n und pn=qnp_n=-q_n.

Beweis

(i): Sei n=degPn=\deg P, also P=p0+p1x++pnxnP=p_0+p_1x+\dots+p_nx^n mit pn0p_n\neq0 und m=degQm=\deg Q, also Q=q0+q1++qmxmQ=q_0+q_1+\dots+q_mx^m mit qm0q_m\neq0. Dann gilt
PQ=p0q0+(p0q1+p1q0)x++(pnqm)xn+m PQ=p_0q_0+(p_0q_1+p_1q_0)x+\dots+(p_nq_m)x^{n+m} .
Da KK ein Körper, also insbesondere nullteilerfrei ist, gilt pnqm0p_nq_m\neq 0, da pn0p_n\neq0 und qm0q_m\neq0. Folglich degPQ=n+m=degP+degQ \deg PQ=n+m=\deg P+\deg Q .
(ii): Es gilt
P+Q={(p0+q0)++pnxn falls n>m(p0+q0)++qmxm falls m>n(p0+q0)++(pn+qm)xn falls n=m P+Q=\begin{cases}(p_0+q_0)+\dots+p_nx^n & \text{ falls } n\gt m \\ (p_0+q_0)+\dots+q_mx^m & \text{ falls } m\gt n\\ (p_0+q_0)+\dots+(p_n+q_m)x^n & \text{ falls } n=m\, \end{cases}
In den ersten beiden Fällen haben wir deg(P+Q)=max{degP,degQ} \deg(P+Q)=\max\{\deg P,\deg Q\}\, Im dritten Falls haben wir deg(P+Q)n=m \deg(P+Q)\le n=m=max{n,m} =\max\{n,m\}=max{degP,degQ}, =\max\{\deg P,\deg Q\}, wobei die Ungleichheit nur für pn+qn=0p_n+q_n=0 auftreten kann. \qed
 
 

Das Buch der Natur ist mit mathematischen Symbolen geschrieben.

Galileo Galilei

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