Nullstellen von Polynomen

Sei PK[x]P\in K[x] ein Polynom und λK\lambda\in K. λ\lambda heißt Nullstelle von PP, falls P~(λ)=0 \tilde P(\lambda)=0 ist, also der Wert der Polynomabbildung an der Stelle λ\lambda ist 0K0 \in K .

Beispiel

1F21\in{\mathbb F}_2 ist eine Nullstelle von x2+xF2[x], x^2+x\in{\mathbb F}_2[x], denn 12+1=1+1=0F21^2+1=1+1=0\in{\mathbb F}_2.

Bemerkung

Die Menge der Polynome in K[x]K[x], die eine Nullstelle bei λK\lambda\in K haben Iλ={PK[x]P~(λ)=0}, I_\lambda=\{P\in K[x]\:|\:\tilde P(\lambda)=0\}, ist ein Ideal von K[x]K[x]. II ist nämlich der Kern des Substitutionshomomorphismus (vgl. Satz 81DC) φ:K[x]K \phi:K[x]\longrightarrow K mit xλ x\longmapsto\lambda .

Satz 81FB (Linearfaktoren)

Ist λK\lambda\in K eine Nullstelle von PK[x]P\in K[x], dann existiert ein eindeutig bestimmtes Polynom QQ mit P=(xλ)Q P=(x-\lambda)Q und degQ=degP1\deg Q=\deg P-1. Man nennt (xλ)(x-\lambda) einen Linearfaktor von PP.

Beweis

Wir dividieren PP durch (xλ)(x-\lambda) mit Rest (Satz 81DH) und erhalten P=Q(xλ)+r P=Q(x-\lambda)+r mit degr<deg(xλ)=1\deg r<\deg(x-\lambda)=1, also r=r0Kr=r_0\in K. Wegen 0=P~(λ)0=\tilde P (\lambda)=Q(λλ)+r(λ) =Q(\lambda-\lambda)+r(\lambda)=0+r0=r0 =0+r_0=r_0 folgt P=Q(xλ)P=Q(x-\lambda). Die Gradgleichung folgt aus Satz 81BL. \qed

Satz 81FC

  1. IλI_\lambda ist ein von (xλ)(x-\lambda) erzeugtes Hauptideal.
  2. Sei KK ein beliebiger Körper und PK[x]P\in K[x] ein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom. Dann hat PP höchstens n=degPn=\deg P viele verschiedene Nullstellen.
  3. Ist KK ein Körper mit unendlich vielen Elementen, so ist der KK-Algebra-Homomorphismus K[x]Abb(K,K) K[x]\longrightarrow\Abb(K,K) mit PP~ P\longmapsto\tilde P injektiv.

Beweis

(i): Mit Satz 81FB und der Definition des Hauptideals. (ii): Induktion nach dem Polynomgrad d=degPd=\deg P. Für d=0d=0 gilt P=p00KP=p_0\neq0\in K und PP hat gar keine Nullstelle. Sei nun d>0d>0 und die Aussage für Polynome kleineren Grades bereits gezeigt. Wenn PP keine Nullstelle hat, ist die Aussage richtig. Falls λK\lambda\in K eine Nullstelle ist, haben wir nach Satz 81FB P=(xλ)QP=(x-\lambda)\cdot Q mit degQ<degP\deg Q<\deg P und nach Induktionsvoraussetzung hat QQ höchstens degQ<d1\deg Q<d-1 Nullstellen. Damit hat aber PP höchstens d=degPd=\deg P viele verschiedene Nullstellen. (iii): Da φ:K[x]Abb(K,K)\phi:K[x]\longrightarrow\Abb(K,K) ein KK-Algebra-Homomorphismus, also insbesondere eine lineare Abbildung ist, genügt nach Satz 15XH für die Injektivität, kerφ={0}\Ker\phi=\{0\} zu zeigen. Sei also PkerφP\in\Ker\phi ein Polynom, also P~=0\tilde P=0 das Nullpolynom. Dann ist P~(λ)=0~(λ)=0\tilde P (\lambda)=\tilde 0 (\lambda)=0 λK \forall\lambda\in K, d.h. PP hat unendlich viele Nullstellen. Nach (ii) muss daher P=0P=0 sein (sonst gäbe es nämlich höchstens degP<\deg P<\infty viele Nullstellen). \qed

Bemerkung

Ein Polynom PK[x]P\in K[x] vom Grad nn hat höchstens nn Nullstellen. Es gibt jedoch Polynome beliebig hohen Grades ohne Nullstellen. Sei K=RK=\R. Das Polynom P=x2n+1R[x]P=x^{2n}+1\in\R[x] hat keine Nullstelle in R\R, da xR \forall x\in\R gilt x2n+11x^{2n}+1\ge1. Sei K={λ1,,λq}K=\{\lambda_1,\dots,\lambda_q\} ein endlicher Körper, dann ist das Polynom [i=1q(xλi)]n+1 \left[\prod\limits_{i=1}^q(x-\lambda_i)\right]^n+1 vom Grad nqnq und erfüllt P(λ)=1P(\lambda)=1 für alle λK\lambda\in K. PP hat also keine Nullstelle.

Ist C\C der Körper der komplexen Zahlen und PC[x]P\in\C[x] ein Polynom vom Grad degP1\deg P\ge1. Dann gilt der sogenannte Fundamentalsatz der Algebra: PP hat mindestens eine Nullstelle in C\C.

Vielfachheit

Sei PK[x]P\in K[x] ein Polynom 0\neq0 und λK\lambda\in K. Dann heißt
μ(P,λ)=max{rN0Q:P=(xλ)rQ} \mu(P,\lambda)=\max\{r\in\N_0\:|\:\exists Q:P=(x-\lambda)^r\cdot Q\}
die Vielfachheit oder Multiplizität der Nullstelle λ\lambda. Nach Satz 81FB gilt μ(P,λ)=0P~(λ)0, \mu(P,\lambda)=0\quad\Leftrightarrow\quad\tilde P(\lambda)\neq0, also wenn λ\lambda überhaupt keine Nullstelle ist. Ist μ(P,λ)=r\mu(P,\lambda)=r, so gilt P=(xλ)rQP=(x-\lambda)^r\cdot Q mit Q~(λ)=0\tilde Q (\lambda)=0.

Beispiel

Sei P=(x1)(x2)2P=(x-1)(x-2)^2, dann ist μ(P,1)=1\mu(P,1)=1, μ(P,2)=2\mu(P,2)=2 und μ(P,3)=0\mu(P,3)=0.
 
 

Die Mathematik muß man schon deswegen studieren, weil sie die Gedanken ordnet.

M. W. Lomonossow

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