Eine Funktionf:D→Rm mit D⊂Rn wird implizit genannt, wenn sie durch eine Gleichung der Form
F(x,y)=0
gegeben ist, d.h. F(x,f(x))=0∀x∈D.
Welche Bedingungen sind an F zu stellen, damit durch F(x,y)=0 eine Funktiony=f(x) definiert wird? Also unter welchen Bedingungen an F ist die Gleichung F(x,y)=0 eindeutig nach y auflösbar?
In Komponenten zerlegt bedeutet dies, das Gleichungssystem F1(x1,…,xn,y1,…,ym)=0⋮Fm(x1,…,xn,y1,…,ym)=0, wobei x=⎝⎜⎛x1⋮xn⎠⎟⎞; y=⎝⎜⎛y1⋮ym⎠⎟⎞ und F=⎝⎜⎛F1⋮Fm⎠⎟⎞ auf D nach y1,…,ym aufzulösen ist. Es sind also reellwertige Funktionenf1,…,fm:D→R zu bestimmen, so dass gilt
Fj(x1,…,xn,f1(x1,…,xn),…,fm(x1,…,xn))=0
für 1≤j≤m und ⎝⎜⎛x1⋮xn⎠⎟⎞∈D.
Beispiele
Umkehrbarkeit linearer Abbildungen
F(x,y)=Ay−x mit der MatrixA∈Mat(n;R). F:Rn×Rn→RnF(x,y)=0⇔Ay−x=0⇔Ay=x. Ist Ainvertierbar, so gilt y=f(x)=A−1x
y=3x2
F:R×R→R; F(x,y)=y3−x2, F(x,y)=0⇔y3−x2=0⇔y3=x2⇔y=3x2. Durch F(x,y)=y3−x2=0 wird eindeutig eine reelle Funktiony=f(x) definiert. Die Auflösung nach y ist eindeutig F:R×R→R; F(x,y):=x2+y2−1=0 ist nicht eindeutig umkehrbar. Funktionen sind z.B. y1=f1(x)=1−x2, y2=f2(x)=−1−x2. Durch die Gleichung F(x,y)=x2y2−1=0 wird nicht eindeutig eine Funktiony=f(x) definiert.
In den meisten Fällen ist nicht die globale Umkehrbarkeit von Interesse, sondern, ob durch die Gleichung F(x,y)=0 in einer UmgebungUε(ξ,η) mit F(ξ,η)=0 eine Funktiony=f(x) mit η=f(ξ) definiert wird (lokale Auflösbarkeit von F(x,y)=0 nach y).
Bezeichnungen für den nachfolgenden Satz
x=⎝⎜⎛x1⋮xn⎠⎟⎞; y=⎝⎜⎛y1⋮ym⎠⎟⎞; (xy)=⎝⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎜⎛x1⋮xny1⋮ym⎠⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎟⎞F:K→Rmmit K⊂Rn×Rm und F=⎝⎜⎛F1⋮Fm⎠⎟⎞ (Fi:K→R)
∂x∂F:=⎝⎜⎜⎜⎜⎛∂x1∂F1⋮∂x1∂Fm……∂xn∂F1⋮∂xn∂Fm⎠⎟⎟⎟⎟⎞ ist einem×n-Matrix und ∂y∂F:=⎝⎜⎜⎜⎜⎛∂y1∂F1⋮∂y1∂Fm……∂ym∂F1⋮∂ym∂Fm⎠⎟⎟⎟⎟⎞ ist einem×m-Matrix.
Es existiert eine δ-UmgebungUδ(ξ)⊂D und eine ε-UmgebungUε(η)⊂G und genau eine stetige Funktionf:Uδ(ξ)→Uε(η) mit f(ξ)=η und F(x,f(x))=0 für alle x∈Uδ(ξ). Für jedes feste x∈Uδ(ξ) ist f(x) die einzige Lösung in Uε(η) mit F(x,f(x))=0.
Es existiert eine weitere δ1-Umgebung (δ1≤δ) Uδ1(ξ), in welcher die Funktionf:Uδ1(ξ)→Uε(η)stetig differenzierbar ist und die Formel: f′(x)=−(∂y∂F(x,f(x)))−1∂x∂F(x,f(x)) gilt.
Beispiel
Sei F:R×R→R mit F(x,y)=x2+y2−1; F(x,y)=0 beschreibt den Einheitskreis. ∂y∂F=2y=/0 für y=/0 und (∂y∂F)−1=2y1. Nach Satz 16KT ist die Gleichung F(x,y)=x2+y2−1=0 in jeder offenen Umgebung von (ξ,η) mit F(ξ,η)=0 und η=/0 nach y eindeutig auflösbar. In (−1,0) und (1,0) ist F(x,y)=0 nicht lokal nach y auflösbar. F(x,f(x))=x2+f(x)2−1=0, ∂x∂F=2xf′(x)=−(∂y∂F)−1(x,f(x))⋅(∂x∂F)(x,f(x))=−2f(x)1⋅2x=−f(x)x. Für y>0 ist f(x)=1−x2 und f′(x)=−1−x2x.
Das Buch der Natur ist mit mathematischen Symbolen geschrieben.
Galileo Galilei
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