Höhere partielle Ableitungen und der Satz von Schwarz

Die Funktion ff sei in einer offenen Menge ED(f)E\subseteq D(f) partiell nach xkx_k differenzierbar. Die partielle Ableitung fxkf_{x_k} kann man als Funktion mehrerer Veränderlicher auffassen. Ist diese auf ihrem Definitionsbereich EE nach xlx_l partiell differenzierbar, so sagt man ff ist zweimal partiell differenzierbar nach xkx_k und xlx_l. Man schreibt dann
fxkfxl=2fxkxl\dfrac {\partial f}{\partial x_k} \, \dfrac {\partial f}{\partial x_l}=\dfrac {\partial^2 f}{\partial x_k\partial x_l} oder fxkxlf_{ {x_k} {x_l}}.
Mittels vollständiger Induktion kann man die Definition auf partielle Ableitungen höherer Ordnung erweitern:
fxk1xkp=pfxk1xkpf_{{x_{k_1}}\dots{x_{k_p}} }=\dfrac {\partial^p f}{\partial x_{k_1}\dots \partial x_{k_p}} =fxkp(p1fxk1xkp1)= \dfrac {\partial f}{\partial x_{k_p}}\braceNT{\dfrac {\partial^{p-1} f}{\partial x_{k_1}\dots \partial x_{k_{p-1}}}}

Beispiel

Sei f(x,y)=x2y3f(x,y)=x^2y^3.
fx=2xy3\dfrac {\partial f} {\partial x}=2xy^3, fy=3x2y2\dfrac {\partial f} {\partial y}=3x^2y^2.
2fxy=6xy2\dfrac {\partial^2 f} {\partial x\partial y}=6xy^2 und 2fyx=6xy2\dfrac {\partial^2 f} {\partial y\partial x}=6xy^2
Die Gleichheit 2fxy=2fyx\dfrac {\partial^2 f} {\partial x\partial y}=\dfrac {\partial^2 f} {\partial y\partial x} ist kein Zufall, sondern gilt immer.

Der Satz von Schwarz

Unter gewissen Voraussetzungen spielt die Reihenfolge in der man die partiellen Ableitungen bildet keine Rolle.
Es gilt sogar eine stärkere Behauptung, weil er aus der Existenz der ersten partiellen Ableitungen und einer zweiten partiellen Ableitung die Existenz und den Wert einer anderen zweiten partiellen Ableitung folgt.

Satz 165V (Satz von Schwarz)

Sei f:RnRf:\Rn\to\R in einer Umgebung U(a)U(a) des Punktes aRna\in\Rn stetig. Weiterhin sollen die partiellen Ableitungen fxkf_{x_k}, fxlf_{x_l} und fxkxlf_{x_k x_l} in U(a)U(a) existieren und in aa stetig sein. Dann existiert in aa auch die partielle Ableitung fxlxkf_{x_l x_k} und es gilt:
fxkxl(a)=fxlxk(a)f_{x_k x_l}(a)=f_{x_l x_k}(a)

Beweis

Wir brauchen die Behauptung nur für zwei unabhängige Variablen zu zeigen, da sich die Austauschbarkeit der partiellen Ableitungen immer auch zwei bezieht, man sich im höherdimensionalen Fall also alle anderen Variablen als festgehalten vorstellen kann.
Sein nun xx und yy die Veränderlichen und (ξ,η)(\xi,\eta) der Punkt für die wir den Beweis führen. Wir zeigen, dass 2fxy(ξ,η)=2fyx(ξ,η)\dfrac{\partial^2 f} {\partial x \partial y}(\xi,\eta)= \dfrac{\partial^2 f}{\partial y \partial x}(\xi,\eta) Wir wählen auf R2\R^2 die Maximumnorm (vgl. Satz 1663 zur Normenäquivalenz). Dann existiert die ε\varepsilon -Kugel
Bε(ξ,η):={(ξ~,η~)R2:max{ξ~ξ,η~η}<ε}U(a)B_\varepsilon(\xi,\eta):=\{(\tilde{\xi},\tilde{\eta})\in\R^2: \max\{|\tilde{\xi}-\xi|,|\tilde{\eta}-\eta|\}<\varepsilon\}\subset U(a).
Damit gilt (ξ+h,η+k)Bε(ξ,η)(\xi+h,\eta+k)\in B_\varepsilon(\xi,\eta) für h,k<ε|h|,|k|< \varepsilon. Sei 0<h,k<ε0<|h|,|k|<\varepsilon. Wir definieren die Hilfsfunktion φ:[ξ,ξ+h]R \varphi:[\xi,\xi+h]\rightarrow\R als φ(x):=f(x,η+k)f(x,η)\varphi (x):= f(x,\eta+k)-f(x,\eta). Nach dem Mittelwertsatz gibt es ein x1]ξ,ξ+h[x_1\in]\xi,\xi+h[, so dass φ(ξ+h)φ(ξ)=hφ(x1) \varphi(\xi+h)-\varphi(\xi)=h\varphi'(x_1). F(h,k):=f(ξ+h,η+k)f(ξ+h,η)f(ξ,η+k)+f(ξ,η) F(h,k) := f(\xi+h,\eta+k)-f(\xi+h,\eta)-f(\xi,\eta+k)+f(\xi,\eta) F(h,k)=φ(ξ+h)φ(ξ)=hφ(x1) \Rightarrow F(h,k)=\varphi(\xi+h)-\varphi(\xi)=h\varphi'(x_1) =h[fx(x1,η+k)fx(x1,η)] = h\left[\dfrac{\partial f}{\partial x}(x_1,\eta+k)- \dfrac{\partial f}{\partial x}(x_1,\eta)\right] y1]η,η+k[ \Rightarrow \exists y_1\in]\eta,\eta+k[: f(x1,η+k)xfx(x1,η) \dfrac{\partial f(x_1,\eta+k)}{\partial x}-\dfrac{\partial f}{\partial x}(x_1,\eta)=k2fyx(x1,y1) = k\dfrac{\partial^2 f}{\partial y \partial x}(x_1,y_1) . Also F(h,k)=hk2fyx(x1,y1)F(h,k)=hk\dfrac{\partial^2 f}{\partial y \partial x} (x_1,y_1), x1]ξ,ξ+h[ x_1\in]\xi,\xi+h[, y1]η,η+k[ y_1\in]\eta,\eta+k[.
Ebenso kann F(h,k)F(h,k) mit der Funktion ψ(y):=f(ξ+h,y)f(ξ)\psi(y):=f(\xi+h,y)-f(\xi) in der Form F(h,k)=ψ(η+k)ψ(η)F(h,k)=\psi(\eta+k)-\psi(\eta) dargestellt werden.
Analog erhält man dann: es gibt x2]ξ,ξ+h[x_2\in]\xi,\xi+h[ und y2]η,η+k[ y_2\in]\eta,\eta+k[, so dassF(h,k)=hk2fxy(x2,y2)F(h,k)=hk\dfrac{\partial^2 f}{\partial x \partial y} (x_2,y_2)
h,k02fyx(x1,y1)=2fxy(x2,y2)\stackrel{h,k\neq 0}{\Longrightarrow} \dfrac{\partial^2 f}{\partial y \partial x} (x_1,y_1)=\dfrac{\partial^2 f}{\partial x \partial y}(x_2,y_2) h,k02fyx(ξ,η)=2fxy(ξ,η) \stackrel{h,k\rightarrow 0}{\Longrightarrow} \dfrac{\partial^2 f}{\partial y \partial x} (\xi,\eta)=\dfrac{\partial^2 f}{\partial x\partial y}(\xi,\eta). \qed

Folgerung

Sei f:DRf:D\rightarrow\R (DRn D\subset\R^n offen) kk mal stetig differenzierbar. Dann gilt:
kfxikxi1(ξ)=kfxiπ(k)xiπ(1)(ξ)\dfrac{\partial^k f}{\partial x_{i_k}\dots\partial x_{i_1}}(\xi)= \dfrac{\partial^k f}{\partial x_{i_{\pi(k)}}\dots x_{i_{\pi(1)}}}(\xi)
für jede Permutation π:{1,,k}{1,,k}\pi:\{1,\dots,k\}\rightarrow\{1,\dots,k\}.
Die Folgerung kann mittels vollständiger Induktion bewiesen werden.
 
 

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Stephen Hawking

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