Typen von Graphen in der Graphentheorie
Anschaulich besteht ein
Graph in der
Graphentheorie aus einer
Menge von
Punkten, zwischen denen Linien verlaufen. Die
Punkte nennt man
Knoten oder
Ecken, die Linien nennt man meist
Kanten, manchmal auch
Bögen. Auf die Form der
Knoten und
Kanten kommt es im allgemeinen dabei nicht an.
Knoten und
Kanten können auch mit
Namen versehen sein, dann spricht man von einem
benannten Graphen.
ungerichteter Graph ohne Mehrfachkanten
In so genannten
Multigraphen können zwei
Knoten auch durch mehrere
Kanten verbunden sein, was in
einfachen Graphen nicht erlaubt ist. Statt mehrere Linien zwischen zwei
Punkten zu zeichnen, kennzeichnet man Mehrfachkanten auch häufig durch ihre Vielfachheit.
gerichteter Graph ohne Mehrfachkanten
In gerichteten Graphen oder auch orientierten Graphen werden Kanten statt durch Linien durch Pfeile gekennzeichnet, wobei der Pfeil vom ersten zum zweiten Knoten zeigt.
Bei
Hypergraphen verbindet eine
Kante (auch Hyperkante genannt) nicht nur zwei, sondern mehrere
Knoten gleichzeitig. Sie sind meist nur schwer darstellbar. Bei dünnen Graphen (der Graph enthält nur wenig
Kanten) zeichnet man eine
Menge von
Punkten, die den
Knoten entsprechen. Die zu einer Hyperkante gehörigen
Punkte werden dann durch eine geschlossene Linie umkreist, die somit die
Teilmenge der zu ihr gehörenden
Knoten innerhalb aller
Knoten angibt.
Bei Hypergraphen mit vielen Kanten wird diese Darstellung aber schnell unübersichtlich. Weniger intuitiv, aber übersichtlicher ist es dann, einen Hypergraphen als bipartiten Meta-Graphen darzustellen, wobei die eine der beiden Bipartitionsmengen den Knoten des Hypergraphen, die andere Bipartitionsmenge den Hyperkanten des Hypergraphen entspricht. Die Kanten zwischen diesen beiden Bipartitionsmengen symbolisieren dann die
Zugehörigkeit der Knoten zu den Hyperkanten.
Definitionen
Ein
Graph G ist ein
Tupel (V,E), wobei V eine
Menge von
Knoten (englisch
vertex, oft auch
Ecken genannt) und
E eine
Menge von
Kanten (engl.
edge, manchmal auch
Bögen genannt) bezeichnet. Dabei ist
E in
- ungerichteten Graphen ohne Mehrfachkanten eine Teilmenge aller 2-elementigen Teilmengen von V,
- gerichteten Graphen ohne Mehrfachkanten eine Teilmenge des kartesischen Produktes V×V,
- ungerichteten Graphen mit Mehrfachkanten eine Multimenge über der Menge aller 2-elementigen Teilmengen von V,
- gerichteten Graphen mit Mehrfachkanten eine Multimenge über dem kartesischen Produkt V×V,
- Hypergraphen eine Teilmenge der Potenzmenge von V.
Den Zusatz „ohne Mehrfachkanten“ lässt man gewöhnlich weg und nennt Graphen mit Mehrfachkanten Multigraphen. Ferner verzichtet man meist auf das Attribut „ungerichtet“ und kennzeichnet nur gerichtete Graphen explizit. Ungerichtete Graphen ohne Mehrfachkanten nennt man auch häufig schlicht oder einfach. Eine andere Bezeichnung für gerichtete Graphen ist Digraph (Directed Graph).
Um kürzer schreiben zu können, definiert man gewöhnlich zwei
Abbildungen V und E, die einem Graphen
G=(V,E) seine Knoten- bzw. Kantenmenge zuordnen, d. h.
V(G):=V und
E(G):=E. Man beachte, dass trotz der selben Symbole (V bzw.
E) die Knoten- bzw. Kantenmenge etwas anderes als die gerade definierten
Abbildungen darstellen. Wenn es nicht anders gesagt wird, bedeuten V bzw.
E ohne Argument gewöhnlich die Knoten- bzw. Kantenmenge des gerade betrachteten Graphen. V bzw.
E mit Argument bedeuten hingegen immer die gerade definierten
Abbildungen, deren Ergebnis dann natürlich wieder eine Knoten- bzw. Kantenmenge ist, und zwar die des als Argument angegebenen Graphen.
Ist
G ein Graph, so sagt man allgemein v ist
Knoten (bzw.
Ecke) von
G, wenn v zu
V(G) gehört. Ferner sagt man, falls
G
- ungerichteter Graph ohne Mehrfachkanten ist und e zu E(G) gehört, e ist eine ungerichtete Kante von G,
- gerichteter Graph ohne Mehrfachkanten ist und e zu E(G) gehört, e ist eine gerichtete Kante von G,
- ungerichteter Graph mit Mehrfachkanten ist und E(G)(e)>0,e ist eine ungerichtete Kante von G,
- gerichteter Graph mit Mehrfachkanten ist und E(G)(e)>0,e ist eine gerichtete Kante von G,
- Hypergraph ist und ezuE(G) gehört, e ist eine Hyperkante von G.
In einer ungerichteten
Kante e={v,w} bezeichnet man v und
w als
Endknoten von e. In einer gerichteten
Kante e=(v,w) bezeichnet man v als
Startknoten und
w als
Endknoten von
e.
Ist in Multigraphen sogar
E(G)(e)>1, so spricht man auch von einer
Multi- oder
Mehrfachkante.
E(G)(e) bezeichnet man auch als die
Vielfachheit von e. Hat eine
Kante e in
gerichteten Graphen die Form
(v,v), so spricht man von einer
Schleife. Ist
e in einem
Multigraphen
G zusätzlich eine Mehrfachkante, so spricht man von einer
Mehrfachschleife. Eine 1- oder 2-elementige
Menge von
geordneten Paaren mit der Eigenschaft, dass sie neben
(v,w) auch
(w,v) enthält (im 1-elementigen Fall ist dies natürlich nur bei
v=w möglich) nennt man, falls
G
- gerichteter Graph ohne Mehrfachkanten ist und sowohl (v,w) als auch (w,v) Kante von G sind, ungerichtete Kante von G,
- gerichteter Graph mit Mehrfachkanten ist und E(G)((v,w))=E(G)((w,v)), ungerichtete Kante von G.
1-elementige ungerichtete
Kanten in
gerichteten Graphen sind offensichtlich also immer Schleifen. Umgekehrt lässt sich zu jeder Schleife
e leicht eine ungerichtete
Kante konstruieren (nämlich
{e}). Schleifen sind in diesem Sinne also immer ungerichtet, weshalb man gewöhnlich das Attribut „gerichtet“ weg lässt. Ist jede
Kante eines
gerichteten Graphen G Element einer ungerichteten
Kante von
G, so nennt man
G auch
symmetrisch.
Man lässt gewöhnlich in ungerichteten Graphen das Attribut „ungerichtet“ für Kanten weg.
In gerichteten Graphen lässt man das Attribut „gerichtet“ für Kanten gewöhnlich nur dann weg, falls man keine ungerichteten Kanten betrachtet. In Hypergraphen sagt man statt Hyperkante auch oft einfach nur Kante.
Gerichtete Graphen ohne Schleifen nennt man schleifenlos oder schleifenfrei.
Als
Knotenzahl n(G)=∣V(G)∣ eines Graphen G bezeichnet man die Anzahl seiner
Knoten, als
Kantenzahl m(G)=∣E(G)∣ bezeichnet man die Anzahl seiner
Kanten (in Multigraphen summiert man über die Vielfachheit der
Kanten).
Einen Graph, dessen Knotenmenge
endlich ist, nennt man
endlicher Graph. Zwangsläufig ist in diesen auch die Kantenmenge
endlich. Im Gegensatz dazu nennt man einen Graph, dessen Knotenmenge
unendlich ist,
unendlicher Graph. Meist betrachtet man nur endliche Graphen und lässt daher das Attribut „endlich“ weg, während man „unendliche Graphen“ explizit kennzeichnet.
Bemerkungen
Ungerichtete Graphen ohne Mehrfachkanten sind offensichtlich Spezialfälle von Hypergraphen.
Multigraphen in denen keine Mehrfachkanten vorkommen, sind zwar nicht formal, aber anschaulich äquivalent zu Graphen ohne Mehrfachkanten, weshalb man auch diese als Graphen ohne Mehrfachkanten bezeichnet.
In diesem Sinne sind Graphen ohne Mehrfachkanten also Spezialfälle von Graphen mit Mehrfachkanten.
Ähnlich verhält es sich mit ungerichteten Graphen, die in gewissem Sinn Spezialfälle von gerichteten Graphen sind.
Ist ein
gerichteter Graph symmetrisch und schleifenlos, so bezeichnet man diesen auch als
ungerichtet, da es offensichtlich auch hier eine einfache eineindeutige Zuordnung zwischen beiden Varianten gibt (siehe auch Repräsentation von Graphen im Computer).
Es lassen sich natürlich auch ungerichtete Graphen mit Schleifen definieren, wobei man diese wohl am einfachsten wie eben als (formale) Spezialfälle von gerichteten Graphen definiert und die Bedingung der Schleifenlosigkeit weg lässt.
Solche Graphen sind aber nur selten Gegenstand der Betrachtungen in der
Graphentheorie.
Der wohl allgemeinste Typ von Graphen sind gerichtete Hypergraphen mit Mehrfachkanten.
Jeder oben definierte Graphentyp kann dann als Spezialfall von diesem betrachtet werden. Solche Graphen sind aber so gut wie gar nicht Gegenstand der Betrachtungen in der
Graphentheorie, weshalb sie hier auch nicht näher erläutert werden.
Sollen Graphen als Darstellung eines Sachverhaltes herhalten, werden
Algorithmen benötigt, die für das Graphzeichnen benötigt werden. Diese Disziplin der Informatik hat sich in den letzten Jahren stets fortentwickelt und liefert Lösungen für unterschiedliche Visualisierungen, die auf Graphen beruhen.
Erweiterungen
Graphen können mit weiteren Eigenschaften bzw. Informationen ergänzt werden.
Eine Erweiterung von Graphen
G=(V,E) zu
knotengefärbten Graphen erhält man, indem das
Tupel (V,E) zu einem
Tripel (V,E,f) ergänzt wird. f ist eine
Abbildung von
V in die
Menge der
natürlichen Zahlen. Anschaulich gibt man jedem
Knoten damit eine Farbe.
Statt der
Knoten kann man in Graphen ohne Mehrfachkanten und in Hypergraphen auch die
Kanten färben und spricht dann von einem
kantengefärbten Graph. Dazu erweitert man ebenfalls das
Tupel (V,E) zu einem
Tripel (V,E,f), wobei f aber eine
Abbildung von
E (statt von
V) in die
Menge der
natürlichen Zahlen ist. Anschaulich gibt man jeder
Kante damit eine Farbe. In Graphen mit Mehrfachkanten ist dies zwar prinzipiell auch möglich, aber schwieriger zu definieren, insbesondere, wenn Mehrfachkanten entsprechend ihrer Vielfachheit mehrere verschiedene Farben zugeordnet werden sollen.
Statt von knoten- bzw. kantengefärbten Graphen spricht man von
knoten- bzw.
kantengewichteten Graphen, falls
f statt in die
natürlichen Zahlen in die
reellen Zahlen abbildet. Knoten- bzw. kantengefärbte Graphen sind also Spezialfälle von knoten- bzw. kantengewichteten Graphen.
Man bezeichnet
f(v) bzw. f(e) auch als
Gewicht des Knotens
v bzw. der
Kante e. Zur Unterscheidung spricht man auch von
Knotengewicht bzw.
Kantengewicht. Eine solche Gewichtung wird erforderlich, wenn die Information über Knotenbeziehungen nicht ausreicht. Fasst man beispielsweise das Straßennetz (vereinfacht) als Graph auf (Orte sind
Knoten, die Orte verbindende Straßen sind
Kanten), so könnte eine Gewichtung der
Kanten Aufschluss über die Distanz zwischen zwei Orten geben.
Analog gibt es auch
benannte Graphen (V,E,f,g), bei denen
Knoten und/oder
Kanten einen Namen tragen, und die
Abbildungen f bzw.
g den
Knoten bzw.
Kanten einen Namen zuordnen. Die zuvor abgebildeten Beispiele sind benannte Graphen, bei denen die
Knoten mit Buchstaben benannt wurden. Dies wird oft bei Visualisierungen gemacht, so dass man besser über den Graphen diskutieren kann.
Man kann auch gleichzeitig oder mehrfach Knoten und Kanten färben, gewichten oder benennen. Die genaue Definition wird dann normalerweise beim speziellen Anwendungsfall erläutert.
Man beachte, dass die Begriffe „Färbung“ und „färben“ in der
Graphentheorie auch eine speziellere Bedeutung besitzen.
Exakt spricht man dann zwar von gültiger Färbung, lässt das Attribut „gültig“ aber meist weg.
An Archimedes wird man sich erinnern, wenn Aischylos vergessen ist - weil zwar die Sprachen sterben, nicht aber die mathematischen Ideen.
Godfrey Harold Hardy
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