Schnitte in der Graphentheorie
Ein
Schnitt bezeichnet in der
Graphentheorie eine
Menge von
Kanten eines Graphen
G=(V,E), die zwischen zwei
Mengen von
Knoten bzw. zwischen einer
Menge X⊂V und der Restmenge
V\X liegt.
Eine besondere Bedeutung kommt Schnitten im Zusammenhang mit Netzwerken zu, welche im Artikel
Flüsse und Schnitte in Netzwerken erläutert wird. Schnitte können aber auch unabhängig von Netzwerken definiert und untersucht werden.
Definition
Knotenmenge W (rot) und Restmenge (schwarz) und die dadurch erzeugten Schnittkanten (blau)
Für einen
ungerichteten Graphen G=(V,E) mit einer
Menge X⊂V wird der Schnitt
E(X,V\X) definiert als:
E(X,V\X)={(u,v)∈E:u∈X,v∈V\X}. Er umfasst also alle
Kanten aus
E für die gilt, dass ein Endknoten in der
Teilmenge X liegt und der andere in der
Menge der übrigen
Knoten. Diese
Kanten liegen also sozusagen "zwischen" den beiden
Teilmengen der
Knoten.
In einem
gerichteten Graphen D=(V,A) können Schnitte unterschiedlich definiert sein. In der Regel kann folgender Definition verwendet werden:
A(X,V\X)={(u,v)∈A:u∈X,v∈V\X}. Offensichtlich gilt hierbei im Unterschied zu
ungerichteten Graphen, dass
A(X,V\X)=/A(V\X,X).
Eine andere Möglichkeit ist es, die
Kanten in
A(X,V\X) zunächst unabhängig von ihrer Orientierung aufzunehmen, so dass wiederum
A(X,V\X)=A(V\X,X) gelten würde. In diesem Fall würde
A in die beiden
Teilmengen A+ und
A− zerfallen. Gilt dann, dass entweder
A+=∅ oder
A−=∅, so spricht man von einem
gerichteten Schnitt, d.h. es zeigen entweder alle gerichteten
Kanten in die
Menge X hinein oder aus ihr hinaus.
Wichtige Sätze und Aussagen
Zusammenhang und minimale Schnitte
Würde man alle
Kanten eines Schnitts
E(X,V\X) aus dem Graphen
G entfernen, so würde es keinen Weg mehr zwischen
X und
V\X geben und der so entstandene Graph hätte damit mindestens eine Zusammenhangskomponente mehr. War der Graph vor dem Entfernen der
Kanten des Schnitts
zusammenhängend, ist er es nachher also nicht mehr.
Der linke Schnitt ist nicht minimal, da die beiden rechten Schnitte in ihm enthalten sind
In diesem Zusammenhang wird ein Schnitt auch als
minimaler Schnitt bezeichnet, wenn nach dem Entfernen der
Kanten des Schnitts aus dem Graph genau zwei Zusammenhangskomponenten entstehen. Es kann gezeigt werden, dass das genau dann der Fall ist, wenn eine Knotenmenge
X so gewählt werden kann, dass der von ihr induzierte Schnitt keine
Teilmengen an
Kanten enthält, die einen von einer anderen Knotenmenge induzierten Schnitt bilden. Kurz gesagt: Ein Schnitt ist dann minimal, wenn nicht bereits eine
Teilmenge eines Schnitts einen Schnitt bildet.
Disjunkte Wege und Schnitte
Der Mathematiker Karl Menger stellte einen Zusammenhang zwischen knoten- und kantendisjunkten Wegen und Schnitten fest. Dieser
Satz von Menger wurde später zum
Max-Flow-Min-Cut-Theorem verallgemeinert (siehe
Flüsse und Schnitte in Netzwerken).
Man betrachtet einen
zusammenhängenden Graphen G=(V,E) mit zwei
Teilmengen der
Knoten S,T mit
S⊂V und
T=V\S. Zwischen zwei
Knoten u,v mit
u∈S und
v∈T untersucht man die Anzahl der kantendisjunkten Wege sowie die Kardinalität (also Anzahl der
Kanten) eines Schnitts
E(S,T). Da alle kantendisjunkten Wege von
u nach
v durch den Schnitt müssen (denn das Entfernen der
Kanten des Schnitts zerstört ja alle Wege von
u nach
v) und, da die Wege kantendisjunkt sein müssen, jedes Mal eine andere
Kante des Schnitts benutzt werden muss, gilt offensichtlich, dass die Kardinalität des Schnitts mindestens so groß sein muss wie die Anzahl kantendisjunkter Wege zwischen
u und
v. Menger zeigte schließlich, dass die maximale Anzahl kantendisjunkter Wege einer minimalen trennenden Kantenmenge genau entspricht.
Diese Erkenntnis gilt sowohl in gerichteten wie auch in
ungerichteten Graphen. Sie lässt sich ferner von kantendisjunkten auf knotendisjunkte Wege übertragen und besagt dann, dass die maximale Anzahl knotendisjunkter Wege zwischen zwei
Knoten u und
v einer minimalen trennenden Knotenmenge entspricht.
Damit besagt dann der
k-Zusammenhang eines Graphen nicht nur, dass man mindestens
k Knoten entfernen muss, um den Zusammenhang zu zerstören, sondern auch, dass es zwischen zwei beliebigen
Knoten eines Graphen auch immer mindestens
k knotendisjunkte Wege geben muss.
Schnitte und Kreise
Auch zwischen Schnitten und
Kreisen gibt einige Beziehungen. So muss die Kardinalität der
Schnittmenge der
Kanten eines Schnitts
E(S,T) und eines
Kreises C, also
∣E(S,T)∩C∣ gerade sein. Man stelle sich eine Kreiskante
e=(u,v)∈C vor, für die gilt, dass sie zusätzlich auch auf dem Schnitt liegt, also muss o.B.d.A.
u∈S und
v∈T sein. Wenn der
Kreis nun in
u beginnen und dann
e nutzen würde, so kann die betrachtete
Kante nicht die einzige Schnittkante von
Kreis und Schnitt sein, da man nun in der
Teilmenge T ist und noch eine ungerade Anzahl von Schnittkanten zwischen
Kreis und Schnitt benutzen muss, um wieder in die
Teilmenge S zurückzuwechseln, in welcher
u liegt. Insgesamt muss es also eine gerade Anzahl an Schnittkanten geben.
In einem zu
G dualen Graphen
G∗ werden Schnitte zu
Kreisen und
Kreise zu Schnitten.
Starker Zusammenhang
Wenn ein
gerichteter Graph D=(V,A) stark zusammenhängend ist, kann man wiederum Knotenmengen
S⊂V betrachteten. Dann muss für alle möglichen
Mengen S gelten, dass der Schnitt
A+(S,V\S)=/∅ ist. Nach der Definition von gerichteten Schnitten ist das gleichbedeutend mit der Aussage, dass es keinen gerichteten Schnitt geben darf. Denn bei "richtiger" Wahl von
S könnte es dann einen gerichteten Schnitt
A−(S,V\S) geben, was nach Definition heißen muss, dass
A+(S,V\S)=∅ ist, was aber der vorigen Aussage widersprechen würde.
Eine mathematische Wahrheit ist an sich weder einfach noch kompliziert, sie ist.
Émile Lemoine
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