Teilgraphen und Minoren

Bei der Untersuchung von Grapheneigenschaften schließt man häufiger von lokalen auf globale Eigenschaften von Graphen und umgekehrt. Um derartige Vorgänge besser beschreiben zu können, definiert man geeignete Relationen zwischen Graphen und lokalen Gebieten innerhalb dieser Graphen. Besonders wichtig sind dabei Teilgraphenbeziehungen. Die Begriffe Teilgraph und Untergraph sind Spezialfälle der entsprechenden allgemeineren Begriffe Teil-Struktur und Unter-Struktur aus der Modelltheorie. Eine Unter-Struktur ist anschaulich gesehen ein Ausschnitt aus einer Struktur, bei der alle Beziehungen zwischen den Elementen (bzw. Knoten) erhalten bleiben. Beispiel siehe unten: G2, G3 sind Untergraphen von G aber G1 ist kein Untergraph sondern nur ein Teilgraph von G. In Teil-Strukturen können also zusätzlich noch Beziehungen zwischen den Elementen wegfallen. Jede Unter-Struktur ist eine Teil-Struktur aber nicht umgekehrt. Im folgenden werden beide Begriffe für Graphen näher definiert.

Definitionen

Teilgraph

G1G_{1}=(V1,E1)(V_{1},E_{1}) heißt Teilgraph oder Subgraph von G2G_{2}=(V2,E2)(V_{2},E_{2}), falls V1V_{1} Teilmenge von V2V_{2}, also V1V2V_1\subseteq V_2 und
  • in Graphen ohne Mehrfachkanten E1E_{1} Teilmenge von E2E_{2} ist, E1E2E_1\subseteq E_2,
  • in ungerichteten Graphen mit Mehrfachkanten E1(v)E2(v)E_1(v)\subseteq E_2(v) für alle zweielementigen Teilmengen vv von V2V_{2}, also v:=(V22)v:=\chooseNT{V_2}{2}, gilt, wobei E1/2(v)E_{1/2}(v) die Menge der Kanten zwischen den Knoten aus vv ist,
  • in gerichteten Graphen mit Mehrfachkanten E1(v)E2(v)E_1(v)\subseteq E_2(v) für alle Teilmengen vv aus dem kartesischen Produkt V2V_{2}xV2V_{2} gilt.
Umgekehrt heißt G2G_{2} Supergraph oder Obergraph von G1G_{1}.
Bei einem knotengewichteten bzw. kantengewichteten Graph G2G_{2} wird von einem Teilgraph G1G_{1} zudem verlangt, dass die Gewichtsfunktion g1g_{1} von G1G_{1} kompatibel zu der Gewichtsfunktion g2g_{2} von G2G_{2} ist, d.h. für jeden Knoten vv bzw. für jede Kante ee von G2G_{2} gilt g1(v)=g2(v)g_1(v) = g_2(v) bzw. g1(e)=g2(e) g_1(e) = g_2(e).

Untergraph bzw. Induzierter Teilgraph

Gilt zusätzlich:
  • in Graphen ohne Mehrfachkanten, E1=E2(V12)E_1 = E_2 \cap \chooseNT{V_1}{2}, d.h. G1G_{1} enthält alle Kanten zwischen den Knoten in V1V_{1}, die auch in G2G_{2} vorhanden sind.
  • in ungerichteten Graphen mit Mehrfachkanten, E1(v)=E2(v)(V12)E_1(v) = E_2(v) \cap \chooseNT{V_1}{2} für alle zweielementigen Teilmengen vv von V2V_{2},
  • in gerichteten Graphen mit Mehrfachkanten, E1(v)=E2(v)(V12)E_1(v) = E_2(v) \cap \chooseNT{V_1}{2} für alle vv aus dem kartesischen Produkt V2V_{2}xV2V_{2},
so bezeichnet man G1G_{1} auch als den durch V1V_{1} induzierten Teilgraph von G2G_{2} und notiert diesen auch mit G2G_{2}[V1V_{1}]
Bemerkungen:
  • Induzierte Teilgraphen sind immer eindeutig durch die entsprechende Knotenmenge festgelegt.
  • Besonders wichtige Teilgraphen entstehen durch das Weglassen von Knoten bzw. Kanten. Sei der Graph G(V,E) gegeben, dann bezeichnet GA,AVG\setminus A, A \subseteq V den Graphen, der durch Weglassen der Knoten aus A und aller mit diesen Knoten inzidenten Kanten entsteht. Die so entstehenden Teilgraphen sind immer induzierte Teilgraphen!

Beispiele

In der folgenden Abbildung sind die Graphen G1,G2,G3G_{1},\, G_{2},\, G_{3} Teilgraphen von GG, wobei aber nur G2G_{2} und G3G_{3} induzierte Teilgraphen sind. G3G_{3} entsteht dabei aus GG durch Weglassen der Knoten 1,3,7 und ihrer inzidenten Kanten.
Forbys_teilgraph_example.png

Minor

Ein Graph G1G_{1} wird Minor des Graphen G2G_{2} genannt, falls G1G_{1} isomorph zu einem durch Knotenverschmelzung entstandenen Untergraphen von G2G_{2} ist. Knotenverschmelzung bedeutet hier, dass zwei adjazente (benachbarte) Knoten V1V_{1} und V2V_{2} unter Entfernung einer zu diesen beiden Knoten inzidenten Kante zu einem Knoten V12V_{12} „verschmolzen“ werden, wobei alle restlichen Kanten beibehalten werden.
Zum Beispiel ist in der folgenden Abbildung GG1 ein Minor von GG2.
Forbys_graphs_minor-relation2.png
G1 ist Minor zu G2
Die Minor-Beziehung definiert eine partielle Ordnungsrelation auf den Isomorphie-Klassen von Graphen.
Robertson und Seymour haben gezeigt, dass für jede unendliche Folge G1,G2G_{1},G_{2},... von endlichen Graphen stets Indizes ii und jj mit i<ji < j existieren, so dass GiG_{i} ein Minor von GjG_{j} ist.
Siehe auch: Satz von Kuratowski, Satz von Robertson und Seymour
 
 

Ein guter mathematischer Scherz ist immer besser als ein ganzes Dutzend mittelmäßiger gelehrter Abhandlungen.

John Edensor Littlewood

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