Lineare DGL mit konstanten Koeffizienten

Im Gegensatz zu den allgemeinen linearen Differentialgleichungen ist es bei solchen mit konstanten Koeffizienten möglich ein Fundamentalsystem der homogenen DGL aufgrund eines expliziten Lösungsverfahrens zu ermitteln. Bei einer inhomogenen DGL mit konstanten Koeffizienten führt die Methode der Variation der Konstanten oder spezielle Ansätze über Reihen schließlich wieder zu einer partikulären, und somit durch ihre Linearkombination mit der homogenen zu einer allgemeinen Lösung.
 
 

Bestimmung des Fundamentalsystems

Sei eine lineare homogene DGL mit konstanten Koeffizienten gegeben durch:
i=0nciy(i)(x)=0\sum\limits_{i=0}^n c_i y^{(i)}(x) = 0 bzw. y=Fyy' = Fy mit ciRc_i\in\mathbb{R}
Dann führt der Ansatz y(x)=eλxy(x)=e^{\lambda x} mit zunächst unbekanntem λ\lambda zum Ziel. Setzt man nun den Ansatz in die gegebene DGL ein, also y=eλxy = e^{\lambda x}, y=λeλxy' = \lambda e^{\lambda x}, y=λ2eλxy'' = \lambda^2 e^{\lambda x}, ... und kürzt schließlich mit eλxe^{\lambda x} erhält man ein Polynom nn-ten Grades, der Form:
i=0nciλi=0\sum\limits_{i=0}^n c_i \lambda^i = 0
Dieses ist genau das charakteristische Polynom von FF und hat im Allgemeinen nn komplexe Nullstellen (Eigenwerte von FF). Diese sind jeweils entweder reell oder paarweise komplex konjugiert. Aufgrund ihrer zugehörigen algebraischen Vielfachheit erzeugt jeder Eigenwert λ\lambda genau vv linear unabhängige Lösungen. Diese sind:
  • für reelle Eigenwerte λi\lambda_i mit der Vielfachheit viv_i:
eλix,xeλix,,xvi1eλixe^{\lambda_i x},\, x e^{\lambda_i x},\, \, \, \, ,\, x^{v_i - 1} e^{\lambda_i x}
  • für komplex konjugierte Eigenwerte λi=α+iβ\lambda_i = \alpha + i \beta und λj=αiβ\lambda_j = \alpha - i \beta und deren Vielfachheiten vi=vjv_i = v_j:
eλixcos(βx),xeλixcos(βx),,xvi1eλixcos(βx)e^{\lambda_i x} \cos(\beta x),\, x e^{\lambda_i x} \cos(\beta x),\, \ldots,\, x^{v_i - 1} e^{\lambda_i x} \cos(\beta x)
eλixsin(βx),xeλixsin(βx),,xvi1eλixsin(βx)e^{\lambda_i x} \sin(\beta x),\, x e^{\lambda_i x} \sin(\beta x),\, \ldots,\, x^{v_i - 1} e^{\lambda_i x} \sin(\beta x)

Bestimmung einer partikulären Lösung

Nachdem nun das Fundamentalsystem der homogenen DGL vollständig bestimmt wurde, widmen wir uns der allgemeinen Lösung für den inhomogenen Fall, indem wir eine partikuläre Lösung berechnen.
Sei nun eine lineare inhomogene DGL mit konstanten Koeffizienten gegeben durch:
i=0nciy(i)(x)=q(x)\sum\limits_{i=0}^n c_i y^{(i)}(x) = q(x) mit ciRc_i\in \domR
und ihr Fundamentalsystem bekannt, dann führt die Methode der Variation der Konstanten zu einer gewünschten Lösung. Für (viele) spezielle Funktionen ist es aber möglich einen direkten Ansatz zu wählen:
Ist q(x)q(x) eine beliebige reelle Funktion der Form:
q(x)=eαxsin(βx)i=0mαixiq(x)=\e^{\alpha x}\sin(\beta x)\sum\limits_{i=0}^m \alpha_i x^i mit αi,βiR\alpha_i, \beta_i \in \domR
Dann führt der Ansatz:
yp(x)=xveαxsin(βx)(i=0ma~ixi)+xveαxcos(βx)(i=0mb~ixi)y_p(x) = x^v \e^{\alpha x} \sin(\beta x) \left(\sum\limits_{i=0}^m {\tilde a}_i x^i \right) + x^v \e^{\alpha x} \cos(\beta x)\left(\sum\limits_{i=0}^m {\tilde b}_i x^i \right)
mit vv als algebraische Vielfachheit von λ=α+iβ\lambda=\alpha +\i\beta. (Ist λ\lambda kein Eigenwert, so gilt vv = 0) und a~i,b~iR{\tilde a}_i, {\tilde b}_i \in \mathbb{R} beliebige durch Einsetzen zu bestimmende Konstanten zu einer zulässigen partikulären Lösung der inhomogenen DGL.
Lässt man für λ\lambda nun auch komplexe Werte zu, so kann der Ansatz möglicherweise eine einfachere Gestallt annehmen. Sei q(x)q(x) eine beliebige komplexe Funktionmit der Form:
q(x)=eλxi=0mcixiq(x) = \e^{\lambda x}\sum\limits_{i=0}^m c_i x^i
mit λC\lambda\in \domC und ciRc_i \in \domR. Nun führt der Ansatz:
yp(x)=xveλxi=0mc~ixiy_p(x) = x^v \e^{\lambda x}\sum\limits_{i=0}^m {\tilde c}_i x^i
mit vv als algebraische Vielfachheit von λ\lambda (Ist λ\lambda kein Eigenwert, so gilt vv = 0) und
c~iR{\tilde c}_i \in \mathbb{R} beliebige durch Einsetzen zu bestimmende Konstanten zu einer zulässigen partikulären Lösung der inhomogenen DGL.

Spezielle lineare DGL

Eine weitere Klasse von DGLn mit einem allgemeinen Lösungsverfahren bildet die Eulersche Differentialgleichung der Form:
k=0n(ax+b)ky(k)(x)=q(x)\sum\limits_{k=0}^n (ax+b)^k y^{(k)}(x) = q(x)
Die Lösung kann hierbei mit dem Ansatz y=(ax+b)λy = (ax + b)^\lambda ermittelt werden.

Wir Mathematiker sind die wahren Dichter, nur müssen wir das, was unsere Phantasie schafft, noch beweisen.

Leopold Kronecker

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