Ausgleichungsrechnung
Die
Ausgleichungsrechnung (auch
Ausgleichsrechnung,
Ausgleich(ung),
Parameterschätzung,
Anpassung oder
Fit genannt) ist eine mathematische Optimierungsmethode, um für eine Reihe von Messdaten die unbekannten Parameter ihres geometrisch-physikalischen Modells oder die Parameter einer vorgegebenen
Funktion zu bestimmen ("zu schätzen"). Ziel der Ausgleichung ist, dass sich das endgültige Modell bzw. die
Funktion den Daten und ihren unvermeidlichen kleinen Widersprüchen "bestmöglich" anpasst.
In der Sprache der Approximationstheorie ist es die Schätzung von unbekannten Parametern eines mathematischen Modells, meist nach der
Methode der kleinsten Quadrate (engl.
least mean squares = LMS). Im einfachsten Fall hat eine Ausgleichsrechnung zum Ziel, eine größere Anzahl empirischer Daten durch eine glatte Kurve zu beschreiben und die Restfehler (Residuum (
Statistik)) zu minimieren.
Ausgleichungen werden in allen Natur- und Ingenieurwissenschaften durchgeführt. Die Methode liefert das bestmögliche Ergebnis, wenn die Restfehler (Residuen) zufällig sind und einer
Normalverteilung (
Gaußsche Glockenkurve) folgen. Beinhalten die Messungen oder Daten allerdings auch systematische Fehler, dann ist das "ausgeglichene" Ergebnis verfälscht und die Residuen weisen einen Trend hinsichtlich der Störeinflüsse auf. In solchen Fällen sind weitere Maßnahmen erforderlich - Ursachenforschung, Varianzanalyse oder die Wahl eines "robusteren Schätzverfahrens".
Einleitung
Im einfachsten Fall handelt es sich um die Ausgleichung der Messabweichungen (
Verbesserung, Residuum) nach der
Methode der kleinsten Quadrate (alternativ nach einer anderen Fehlerbewertungsfunktion, z. B. Minimierung der Absolutfehler). Hierbei werden die Unbekannten (die
Parameter) des Modells so bestimmt, dass die Quadratsumme der Messabweichungen aller Beobachtungen minimal wird und damit Messkurve und Theoriekurve bestmöglich übereinstimmen.
Damit handelt es sich um ein Optimierungsverfahren. Die Rechenschritte einer Ausgleichung vereinfachen sich, wenn die Beobachtungen als normalverteilt, gleichgenau und unkorreliert angesehen werden. Man untersucht die stochastischen Eigenschaften der Beobachtungen in der Regressionsanalyse.
Funktionales und stochastisches Modell
Bei der jeder Ausgleichung vorausgehenden Modellbildung wird im Allgemeinen zwischen funktionalem Modell und stochastischem Modell unterschieden.
- Ein funktionales Modell beschreibt hierbei die mathematischen Relationen zwischen den bekannten (konstanten), unbekannten und den beobachteten Parametern. Die Beobachtungen stellen dabei stochastische Größen (Zufallsvariable) bzw. mit einem zufälligen Störsignal überlagerte Messgrößen dar.
- Als einfaches Beispiel sei ein Dreieck genannt, in dem überzählige Messungen zu geometrischen Widersprüchen führen (z. B. Winkelsumme ungleich 180°). Das funktionale Modell dazu sind die Formeln der Trigonometrie, das Störsignal z. B. der kleine Zielfehler bei jeder Winkelmessung.
- Das stochastische Modell untersucht die Varianzen und Kovarianzen der beobachteten Parameter. Es beschreibt so die Streuung der Beobachtungen und die Korrelation(en) zwischen den verschiedenen Merkmalen.
- Diese Korrelationen können mathematisch oder physikalisch sein (unzureichend feines Modell, Temperatureinflüsse usw.)
Das Ziel der Ausgleichung ist eine optimale
Ableitung der unbekannten Werte (Parameter, z. B. die Koordinaten der Messpunkte) und der
Maße für ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit im Sinne einer Zielfunktion. Für letztere wählt man meistens die minimale Summe der Abweichungsquadrate, doch können es für Sonderfälle z. B. auch minimale Absolutwerte oder andere Zielfunktionen sein.
Lösungsverfahren
Zur Lösung von Ausgleichungsproblemen steht ein umfangreicher Formelapparat zur Verfügung. Je nach funktionalem und stochastischem Modell werden verschiedene Rechenformeln notwendig.
Das Hauptunterscheidungsmerkmal ist hierbei,
- ob sich alle Beobachtungen als Funktionen von Unbekannten und Konstanten darstellen lassen,
- ob die Beobachtungen voneinander unabhängig oder korreliert sind, bzw. ob die Korrelationen mathematischer oder physikalischer Natur sind;
- ob die Relationen nur Beobachtungen und Konstanten aufweisen, jedoch keinerlei Unbekannte enthalten,
- ob es unter der Menge der Relationen auch solche gibt, die ausschließlich Beziehungen unter Konstanten und Unbekannten beschreiben und damit Restriktionen zwischen Unbekannten beschreiben.
- Bei gemischtem Auftreten von sehr verschiedenen Messgrößen - etwa bei geometrischen und physikalischen Messungen - wurden die Methoden der Ausgleichsrechnung von einigen Mathematikern und Geodäten um 1960 zur sog. Kollokation erweitert (siehe H. Moritz und H. Sünkel).
Weitere Stichworte
- Fehlerrechnung, Standardabweichung, Glättung
- Gauß-Helmert-Eliminationsverfahren, Matrizeninversion
- Vermittelnde Ausgleichung, Bedingte Ausgleichung, Verbesserungs- und Bedingungsgleichungen
- Approximationstheorie, Robuste Schätzverfahren, Karl-Rudolf Koch, Trend
Literatur
- W. Niemeier: Ausgleichungsrechnung. de Gruyter, Berlin - New York 2002, ISBN 3110140802.
- H. Wolf: Ausgleichungsrechnung I und II : Formeln zur praktischen Anwendung. Bonn 1994 (2. Auflage)
Scherzhafte Beispiele haben manchmal größere Bedeutung als ernste.
Michael Stifel
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