Ähnlichkeit von Matrizen, Problem der Diagonalisierbarkeit
Bei
Endomorphismen f:V→V (mit
n=dimV<∞) betrachten wir
Darstellungsmatrizen A bezüglich derselben
Basis B={b1,…,bn} in Urbildraum gleich Bildraum
V.
Definition
Zwei
quadratische Matrizen A,A′∈Mat(n×n,K) heißen
ähnlich, in Zeichen
A≈A′, wenn eine
reguläre Matrix T∈Mat(n×n,K) existiert mit
A′=TAT−1.
Bemerkung
- Dies ist wieder eine mengentheoretische Äquivalenzrelation in Mat(n×n,K). Ähnliche Matrizen sind auch äquivalent, A≈A′⇒A∼A′, aber die Äquivalenzklassen bezüglich ∼ werden durch die Ähnlichkeitsklassen weiter aufgegliedert.
- Ähnliche Matrizen können aufgefasst werden als Darstellungsmatrizen derselben linearen Abbildung f bei nur anders gewählten (aber in Urbild- und Bildraum gleichen) Basen.
Problem: Wir suchen wieder einfache Repräsentanten in den Ähnlichkeitsklassen, das heißt
Normalformen ähnlicher Matrizen. Eine Normalform
Dr=⎝⎜⎜⎜⎜⎛1⋱1⋱0⎠⎟⎟⎟⎟⎞ wie bei den
äquivalenten Matrizen ist im allgemeinen nicht zu erreichen. Weitere einfache Kandidaten für solche Normalformen sind
Diagonalmatrizen D=diag(λ1,…,λn)=⎝⎛λ10⋱0λn⎠⎞. Vorläufiges Normalformenproblem: Welche
Matrizen sind einer
Diagonalmatrix ähnlich?
Diagonalisierbarkeit
Ein
Endomorphismus f:V→V (
dimV=n<∞) heißt
diagonalisierbar, wenn er eine
Diagonalmatrix D=diag(λ1,…,λn) als
Darstellungsmatrix bezüglich einer
Basis B={b1,…,bn} besitzt. Eine
Matrix A∈M(n,n,K) diagonalisierbar, wenn sie ähnlich zu einer
Diagonalmatrix ist.
Beispiel
Es gilt
(1002)≈(1012), denn für
S=(1011) gilt
S−1=(10−11) und
S−1⋅(1102)⋅S =(10−11)⋅(1102)⋅(1011) =(10−11)⋅(1022) =(1002)
(1012) ist also
diagonalisierbar.
Bemerkung
Ähnliche Matrizen haben die gleichen
Eigenwerte, aber nicht die gleichen
Eigenvektoren. Ist beispielsweise
Av=λv und
B=S−1AS, so gilt für
w=S−1v Bw=S−1ASS−1v =S−1Av =S−1λv =λS−1v =λw, aber meistens
w=/v.
(1002) hat
Eigenwerte 1,2 und
Eigenvektoren (10),
(01).
(1012) hat
Eigenwerte 1,2 und
Eigenvektoren (10),
(11).
Satz 817H (Diagonalisierbarkeit und Eigenvektoren)
f:V→V (
dimV=n<∞) ist
diagonalisierbar ⟺ Es existiert eine
Basis B={b1,…,bn} von
V aus
Eigenvektoren mit der Eigenschaft
∀k=1nf(bk)=λkbk mit
λk∈K.
Beweis
Sind
λ1,…,λn gerade die
Eigenwerte von
f so ist
diag(λ1,…,λn) genau die
Darstellungsmatrix für eine
Basis bestehend aus
Eigenvektoren.
□
Folgerung 817I
Ein
Endomorphismus f:V→V mit
dimV=n<∞ ist
diagonalisierbar ⟺ V=Eλ1⊕⋯⊕Eλm mit paarweise verschiedenen
Eigenwerten λ1,…,λm ⟺ n=d1+⋯+dm mit den zugehörigen
geometrischen Vielfachheiten d1,…,dm.
Bemerkung
Im allgemeinen kann man nur zeigen:
V=Eλ1⊕⋯⊕Eλm⊕U mit einem "Rest"-Unterraum
U, der keine
Eigenvektoren mehr enthält, mit der
Dimension n−i=1∑mdi≥0 (Schlimmster Fall:
V=U). Zur Lösung des allgemeinen Normalformenproblems für
ähnliche Matrizen muss dieser Restraum weiter untersucht werden.
Satz 81FG
- Sei f∈EndK(V) ein Endomorphismus und A,B Basen von V. Dann sind die Darstellungsmatrizen von f bezüglich A und B ähnlich: MAA(f)∼MBB(f).
- Sei A∈Mat(n×n,K) eine quadratische Matrix und f:Kn⟶Kn die zugehörige lineare Abbildung (A=MEE(f) für eine Basis E ). Dann ist A genau dann diagonalisierbar, wenn f diagonalisierbar ist.
Beweis
(i): Es gilt (
Satz 16B1):
MBA(id)⋅MAA(f)⋅MAB(id)=MBB(f), also
MBB(f)=S−1⋅MAA(f)⋅S mit
S=MAB(id). (ii) "
⇒": Sei
A diagonalisierbar ⇒∃S mit
S−1AS=D und
D diagonal. Nun ist
MSE(id)=S−1, wenn man die Spalten von
S als
Basis von
V auffasst. Dies ist möglich, da
S invertierbar ist. Damit gilt
D=S−1AS =MSE(id)⋅MEE(f)⋅MES(id) =MSS(f). Also ist
f diagonalisierbar. "
⇐": Sei
f diagonalisierbar. Dann gibt es eine
Basis B mit
MBB(f)=D. Da
MEE(f)=A folgt die Behauptung aus (i). Also
A≈D.
□
Bemerkung
Nach
Satz 81FG können wir uns also bei Betrachtungen zur Diagonalisierbarkeit (von
Endomorphismen) immer auf die Diagonalisierbarkeit von
Matrizen zurückziehen. Wenn wir
f∈EndK(V) diagonalisieren möchten, wählen wir eine beliebige
Basis A von
V und diagonalisieren
MAA(f) als
Matrix.
Es ist unmöglich, die Schönheiten der Naturgesetze angemessen zu vermitteln, wenn jemand die Mathematik nicht versteht. Ich bedaure das, aber es ist wohl so.
Richard Feynman
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