Gesetz der großen Zahlen
Das
Gesetz der großen Zahlen besagt, dass sich die relative Häufigkeit eines Zufallsergebnisses immer weiter an die theoretische
Wahrscheinlichkeit für dieses Ergebnis annähert, je häufiger das Zufallsexperiment durchgeführt wird.
Beispiel: Wurf einer Münze
Anzahl Würfe |
davon Kopf |
Verhältnis |
absoluter Abstand |
relativer Abstand |
theoretisch |
beobachtet |
theoretisch |
beobachtet |
100 |
50 |
48 |
0.500 |
0.480 |
2 |
0.02 |
1000 |
500 |
491 |
0.500 |
0.491 |
9 |
0.009 |
10000 |
5000 |
4970 |
0.500 |
0.497 |
30 |
0.003 |
Die
Wahrscheinlichkeit, dass eine Münze beim Werfen Kopf zeigt, betrage ½. Je häufiger die Münze geworfen wird, desto näher wird der Anteil der Würfe, bei denen Kopf erscheint, beim theoretischen Wert ½ liegen. Trotzdem wird der absolute Abstand anwachsen.
Das
Gesetz der großen Zahlen bedeutet also
nicht, dass ein Ereignis, welches bislang nicht so häufig eintrat wie erwartet, seinen "Rückstand" irgendwann ausgleichen und folglich in Zukunft häufiger eintreten muss. Dies ist ein bei Roulette- und Lottospielern häufig verbreiteter Irrtum, die "säumige" Zahlenart müsse nun aber aufholen, um wieder der statistischen
Gleichverteilung zu entsprechen.
Praktische Bedeutung
- Versicherungen: Das Gesetz der großen Zahl hat bei Versicherungen eine große praktische Bedeutung. Es erlaubt eine ungefähre Vorhersage über den künftigen Schadensverlauf. Je größer die Zahl der versicherten Personen, Güter und Sachwerte, die von der gleichen Gefahr bedroht sind, desto geringer ist der Einfluss des Zufalls.
Das Gesetz der großen Zahl kann aber nichts darüber aussagen, wer im einzelnen von einem Schaden getroffen wird. Unvorhersehbare Großereignisse und Trends wie der Klimawandel, die die Berechnungsbasis von Durchschnittswerten verändern, können das Gesetz zumindest teilweise unbrauchbar machen.
- Medizin: Beim Wirksamkeitsnachweis von medizinischen Verfahren kann man es ausnutzen, um Zufallseinflüsse auszuschalten.
- Naturwissenschaften: Der Einfluss von Messfehlern kann durch häufige Versuchwiederholungen reduziert werden.
Siehe auch Gesetz der kleinen Zahlen
Schwaches Gesetz der großen Zahlen
Als
schwaches Gesetz der großen Zahlen wird die folgende Konvergenzaussage für eine (unendliche) Folge von
Zufallsvariablen X1,X2,X3,…, die alle denselben
Erwartungswert μ besitzen, bezeichnet:
- Xn=(X1+⋯+Xn)/n
konvergiert stochastisch gegen
μ. Formal bedeutet dies: Für jede positive Zahl
ε (beliebig klein) gilt
- limn→∞P(∣∣Xn−μ∣∣<ε)=1
Ein schwaches Gesetz der großen Zahl gilt beispielsweise, wenn die
Zufallsvariablen X1,X2,X3,… endliche Varianzen
σ12,σ22,… haben, die zudem durch eine gemeinsame obere Grenze
beschränkt sind, sowie unkorreliert sind (d.h.,
Cov(Xi,Xj)=0, falls
i=/j). Der Beweis folgt in diesem Falle unmittelbar aus der Tschebyschew-Ungleichung.
Starkes Gesetz der großen Zahlen
Als
starkes Gesetz der großen Zahlen wird die folgende Konvergenzaussage für eine unendliche Folge von
Zufallsvariablen X1,X2,X3,… mit
Erwartungswert μ bezeichnet:
- P(limn→∞Xn=μ)=1,
d. h., die repräsentative
Stichprobe konvergiert fast sicher gegen
μ. Das starke
Gesetz der großen Zahlen impliziert das schwache
Gesetz der großen Zahlen.
Ein starkes
Gesetz der großen Zahlen gilt beispielsweise, wenn die Folge unabhängig ist und die
Zufallsvariablen beschränkte Varianzen besitzen. Eine Form des starken Gesetzes der großen Zahlen für abhängige
Zufallsvariablen ist der Ergodensatz.
Die Geschichte des starken Gesetzes der großen Zahlen ist lang. Sie hat mit dem Satz von N. Etemadi (Zeitschrift für
Wahrscheinlichkeitstheorie und Verwandte Gebiete (jetzt: Probability Theory and Related Fields), Band 55(1), S. 119-122, (1981)) einen gewissen Abschluss gefunden. Der Satz von Etemadi zeigt die Gültigkeit des starkes Gesetzes der großen Zahlen unter der Annahme, dass die
Zufallsvariablen jeweils dieselbe
Verteilung haben und je zwei
Zufallsvariablen unabhängig sind. Die Existenz einer
Varianz wird nicht vorausgesetzt.
Literatur
- H.-O. Georgii: Stochastik, 2. Auflage, de Gruyter, 2004.
- R. Durrett: Probability: Theory and Examples, 3rd ed., Duxbury, 2004.
Ein Mathematiker, der nicht irgendwie ein Dichter ist, wird nie ein vollkommener Mathematiker sein.
Karl Weierstraß
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