Vollständigkeitsaxiom der reellen Zahlen

Die Körperaxiome und Anordnungsaxiome genügen nicht, um die reellen Zahlen zu charakterisieren. Man kann sich leicht überzeugen, dass auch die rationalen Zahlen ein Modell für dieses Axiomensystem sind. Was die reellen Zahlen von den rationalen unterscheidet ist, dass sie vollständig sind, es mithin keine Lücken auf der Zahlengeraden mehr gibt.
Mit den Definitionen von Infimum und Supremum können wir die Vollständigkeit in griffiger Form ausdrücken.
 
 

Vollständigkeitsaxiom

Dies ist äquivalent zu: Jede nichtleere nach oben beschränkte Menge besitzt ein Supremum. Denn das Komplement ist eine nach unten beschränkte Menge und das Infimum dieser Menge fällt genau mit dem Supremum zusammen.

Satz 16LT

Sei BARB\subset A\subset \R, B¬=B\not=\emptyset, dann gilt:
  1. Ist AA beschränkt, so gilt infAsupA\inf A\leq\sup A
  2. Ist AA nach oben beschränkt, so ist auch BB nach oben beschränkt und supBsupA\sup B\leq \sup A
    Ist AA nach unten beschränkt, so ist auch BB nach unten beschränkt und infBinfA\inf B\geq \inf A
  3. Ist AA nach oben beschränkt und γ\gamma eine obere Schranke von AA, so gilt:
    γ=supAϵ>0  xAx>γϵ\gamma=\sup A\quad\Leftrightarrow\quad \forall\epsilon>0\; \exists x\in A\quad x>\gamma-\epsilon
    Ist AA nach unten beschränkt und γ\gamma eine untere Schranke von AA, so gilt:
γ=infAϵ>0  xAx<γ+ϵ\gamma=\inf A\quad\Leftrightarrow\quad \forall\epsilon>0\; \exists x\in A\quad x<\gamma+\epsilon

Beweis

(i) Wähle xAx\in A. Da supA\sup A obere Schranke von AA, gilt: xsupAx\leq\sup A. Da infA\inf A untere Schranke von AA, gilt: xinfAx\geq\inf A; also infAsupA \inf A\leq\sup A. (ii) supA\sup A ist obere Schranke von AA, also (wegen BAB\subset A) auch von BB. Da supB\sup B kleinste obere Schranke von BB, folgt supBsupA\sup B\leq\sup A. Infimum analog. (iii) Beweis für das Supremum; Infimum wieder analog. "\Rightarrow": Sei γ=supA\gamma=\sup A, und sei ϵ>0\epsilon>0. Da γϵ<γ\gamma-\epsilon<\gamma, ist γϵ\gamma-\epsilon keine obere Schranke von AA. Also existiert ein xAx\in A mit x>γϵx>\gamma-\epsilon. \Leftarrow": Es gelte ϵ>0  xA    x>γϵ\forall\epsilon>0\; \exists x\in A\;\; x>\gamma-\epsilon. Wäre γ\gamma nicht das Supremum von AA, so gäbe es eine kleinere obere Schranke γ~<γ\tilde\gamma<\gamma von AA. Wir setzen ϵ:=γγ~>0\epsilon :=\gamma-\tilde\gamma>0. Nach Voraussetzung existiert ein xAx\in A mit x>γϵ=γ(γγ~)=γ~x>\gamma-\epsilon=\gamma - (\gamma-\tilde\gamma)=\tilde\gamma. γ~\Rightarrow \tilde\gamma ist keine obere Schranke von AA. \Rightarrow Widerspruch, also ist γ\gamma Supremum. \qed

Ich glaube, daß es, im strengsten Verstand, für den Menschen nur eine einzige Wissenschaft gibt, und diese ist reine Mathematik. Hierzu bedürfen wir nichts weiter als unseren Geist.

Georg Christoph Lichtenberg

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