Integrierende Faktoren

Da exakte Differentialgleichungen besonders leicht zu lösen sind, versucht man Differentialgleichungen, die nicht exakt sind durch Multiplikation mit einer Funktion μ(x,y)\my(x,y) in eine exakte Differentialgleichung zu überführen. Die Funktion μ\my heißt integrierender Faktor oder Eulerscher Multiplikator,

Beispiel

y23xy2x2+(xyx2)y=0y^2-3xy-2x^2+(xy-x^2)y'=0 p(x,y)=y23xy2x2p(x,y)=y^2-3xy-2x^2 q(x,y)=xyx2q(x,y)=xy-x^2
py=2y3x\dfrac{\partial p}{\partial y}=2y-3x qx=y2x\dfrac{\partial q}{\partial x}=y-2x
Die DGL ist nach Satz 167V nicht exakt. Multiplizieren wir sie mit xx, ergibt sich: y2x3x2y2x3+(x2yx3)y=0y^2x-3x^2y-2x^3+(x^2y-x^3)y'=0
py=2yx3x2\dfrac{\partial p}{\partial y}=2yx-3x^2 und qx=2xy3x2\dfrac{\partial q}{\partial x}=2xy-3x^2     \implies die DGL ist exakt.
F(x,y)y=x2yx3\dfrac {\partial F(x,y)}{\partial y}=x^2y-x^3     F(x,y)=12x2y2x3y+C(x)\implies F(x,y)=\dfrac 1 2 x^2y^2 -x^3y+C(x)
F(x,y)x=xy23x2y+C(x)\dfrac {\partial F(x,y)}{\partial x}=xy^2-3x^2y+C'(x) =y2x3x2y2x3=y^2x-3x^2y-2x^3     \implies C(x)=2x3C'(x)=-2x^3     C(x)=x42\implies C(x)=-\dfrac{x^4} 2
Lösung: 12x2y2x3yx42=C\dfrac 1 2 x^2y^2 -x^3y-\dfrac{x^4} 2=C.

Bestimmung des integrierenden Faktors

Sei p+qy=0p+qy'=0 eine DGL. Multiplizieren wir diese mit dem integrierenden Faktor μ(x,y)\my(x,y) so ergibt sich pμ+qμy=0p\my+q\my y'=0. Nach Satz 167V gilt (pμ)y=(qμ)x\dfrac {\partial (p\my)}{\partial y}=\dfrac {\partial (q\my)}{\partial x}.
Produktregel:     pyμ+μyp=qxμ+μxq\implies \dfrac {\partial p}{\partial y} \my+\dfrac {\partial \my}{\partial y} p=\dfrac {\partial q}{\partial x} \my+\dfrac {\partial \my}{\partial x} q
pμyqμx=μ(qxpy)p\dfrac {\partial \my}{\partial y}-q\dfrac {\partial \my}{\partial x}=\my\braceNT{\dfrac {\partial q}{\partial x}-\dfrac {\partial p}{\partial y}}(1)
pp und qq sind uns bekannt. Daher handelt es sich hierbei um eine partielle Differentialgleichung für μ(x,y)\my(x,y). Man kann zeigen, dass immer eine Lösung existiert. Es ist jedoch im allgemeinen komplizierter diese zu lösen als die ursprüngliche Differentialgleichung.
War die ursprüngliche DGL exakt so gilt pμyqμx=μ(qxpy)=0p\dfrac {\partial \my}{\partial y}-q\dfrac {\partial \my}{\partial x}=\my\braceNT{\dfrac {\partial q}{\partial x}-\dfrac {\partial p}{\partial y}}=0 Die DGL pμyqμx=0p\dfrac {\partial \my}{\partial y}-q\dfrac {\partial \my}{\partial x}=0 wird von jeder Konstante μ=C\my=C erfüllt; diese sind damit stets integrierende Faktoren für exakte Differentialgleichungen.
Hängt μ\my nur von xx ab, also μ=μ(x)\my=\my(x), so vereinfacht sich (1) zu qμx=μ(qxpy)-q\dfrac {\partial \my}{\partial x}=\my\braceNT{\dfrac {\partial q}{\partial x}-\dfrac {\partial p}{\partial y}}     μ(x)=μ(x)1q(pyqx)\implies \my'(x)=\my(x)\dfrac 1 q \braceNT{\dfrac {\partial p}{\partial y}-\dfrac {\partial q}{\partial x}}
Ist nun 1q(pyqx)=:f(x)\dfrac 1 q \braceNT{\dfrac {\partial p}{\partial y}-\dfrac {\partial q}{\partial x}}=:f(x) eine alleinige Funktion von xx, so erhalten wir mit μ(x)μ(x)f(x)=0\my'(x)-\my(x)f(x)=0 eine einfache Differentialgleichung mit getrennten Variablen, die wir sofort lösen können: μ(x)=ef(x)dx\my(x)=\e^{\int\limits f(x)\d x}
Hängt μ\my lediglich von yy ab, gehen wir analog vor und erhalten mit f(y)=1p(qxpy)f(y)=\dfrac 1 p \braceNT{\dfrac {\partial q}{\partial x}-\dfrac {\partial p}{\partial y}} den integrierenden Faktor mittels μ(y)=ef(y)dy\my(y)=\e^{\int\limits f(y)\d y}.

Zusammenfassung

Ist die DGL in der Form p+qy=0p+qy'=0 gegeben so bilden wir Δ=pyqx\Delta=\dfrac {\partial p}{\partial y}-\dfrac {\partial q}{\partial x}.
  1. Ist Δ=0\Delta=0, so ist die DGL exakt
  2. Ist f(x)=Δqf(x)=\dfrac \Delta q, so μ(x)=ef(x)dx\my(x)=\e^{\int\limits f(x)\d x}
  3. Ist g(x)=Δpg(x)=-\dfrac \Delta p, so μ(y)=eg(y)dy\my(y)=\e^{\int\limits g(y)\d y}
Im Allgemeinen hängt das Finden eines geeigneten integrierenden Faktor vom Zufall oder der mathematischen Geschicklichkeit ab, je nachdem wie man es betrachtet. Obwohl die Methode das Lösen einer Differentialgleichung wesentlich vereinfachen kann, bleibt letztlich die Unsicherheit des erfolgreichen Auffindens des Faktors.
 
 

Die Logik ist die Hygiene, deren sich der Mathematiker bedient, um seine Gedanken gesund und kräftig zu erhalten.

Hermann Weyl

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