Axiomensystem nach Peano

Für eine formale Definition der Menge der natürlichen Zahlen und der zugehörigen Rechenregeln ist es letztlich egal, ob man auch die Null als natürliche Zahl bezeichnet oder nicht. Im folgenden wird jedoch zugunsten der Verständlichkeit nur davon ausgegangen, dass 0 eine natürliche Zahl ist. Die behandelten Axiome und Rechenregeln lassen sich analog aber auch auf 1, 2, 3, ... (ohne 0) anwenden.
Wichtig ist, dass es ein Startelement gibt und zu jedem Element einen Nachfolger, denn die natürlichen Zahlen hängen eng mit dem Prinzip der mathematischen Induktion zusammen.
Es folgt eine Definition der Menge der natürlichen Zahlen N\mathbb{N} durch Axiome. Diese Axiome werden Peano-Axiome genannt.
  1. 00 ist eine natürliche Zahl.
  2. Zu jeder natürlichen Zahl n n\ gibt es genau einen Nachfolger n n'\ , der ebenfalls eine natürliche Zahl ist.
  3. Es gibt keine natürliche Zahl, deren Nachfolger 00 ist.
  4. Zwei verschiedene natürliche Zahlen n n\ und m m\ besitzen stets verschiedene Nachfolger n n'\ und m m'\ .
  5. Enthält eine Menge XX die Zahl 00 und mit jeder natürlichen Zahl n n\ auch stets deren Nachfolger n n'\ , so enthält XX bereits alle natürlichen Zahlen. (Ist XX dabei selbst eine Teilmenge der natürlichen Zahlen, dann ist XX gleich der Menge der natürlichen Zahlen.)
Peano verwendet dabei die Begriffe 00, Zahl und Nachfolger. Bertrand Russell wies darauf hin, dass man damit nicht nur die natürlichen Zahlen, sondern jedes beliebige (abzählbare) Zahlensystem definieren kann. Man definiere z.B. 7/167/16 als 00 und erzeuge einen Nachfolger durch Addition von 1/161/16.
Das letzte Axiom nennt man auch das Induktionsaxiom, es bildet die Grundlage für die Beweismethode der vollständigen Induktion.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Peano-Axiome zu formalisieren. Eine (wenn auch nicht die Beste, da hier der Mengenbegriff vorausgesetzt wird) ist die folgende:
  1. 0N 0 \in \mathbb{N}
  2. n:nNnN \forall n: n \in \mathbb{N} \rightarrow n' \in \mathbb{N}
  3. n:¬(n=0) \forall n: \lnot (n' = 0)
  4. nm:n=mn=m \forall n \forall m: n' = m' \rightarrow n = m
  5. X:((X(0)n:X(n)X(n))n:X(n)) \forall X: ((X(0) \land \forall n: X(n) \rightarrow X(n')) \rightarrow \forall n: X(n))
Hiervon ausgehend werden auf N\mathbb{N} die Addition und Multiplikation definiert. Man setzt
  1. n+0=n  n+ 0 = n\
  2. n+m=(n+m)  n+ m' = (n + m)'\
und dann
  1. n0=0n \cdot 0 = 0
  2. nm=(nm)+nn \cdot m' = (n \cdot m) + n
Das Induktionsaxiom garantiert jeweils, dass Addition und Multiplikation wohldefiniert sind.
Setzt man nun noch 1 = 0', ergibt sich n=n+1 n'=n+1\ . Peano selbst begann die natürlichen Zahlen in seinen Axiomen mit der 11 statt mit der 00.
Die Peano-Axiome bilden ein Axiomensystem der Prädikatenlogik zweiter Stufe, da neben Variablen für Zahlen im Induktionsaxiom auch die Variable XX vorkommt. Ersetzt man dieses Axiom durch die entsprechenden unendlich vielen Axiome erster Stufe, so gelangt man zur Peano-Arithmetik.
 
 

Ein Modell der natürlichen Zahlen

Peano beschrieb mit seinem Axiom-System zwar die Eigenschaften von natürlichen Zahlen, sah aber keine Notwendigkeit, deren Existenz zu beweisen. John von Neumann gab eine Möglichkeit an, die natürlichen Zahlen durch Mengen darzustellen, d.h. er beschrieb ein mengentheoretisches Modell der natürlichen Zahlen.
0=0 = \varnothing
1=0={0}={}1 = 0' = \{0\} = \{\varnothing\}
2=1={0,1}={,{}}2 = 1' = \{0,1\} = \{\varnothing,\{\varnothing\}\}
.
.
.
n={0,1,,n}=n{n}n' = \{0,1,\ldots ,n\} = n \cup \{n\}
Zur Erklärung: 11 ist die Menge, die nur die leere Menge (=\varnothing) als Element enthält; das ist nicht die leere Menge selbst! Die leere Menge (oder 0) enthält kein Element; die Menge 1 hingegen enthält genau ein Element.
Die Existenz jeder einzelnen natürlichen Zahl ist mengentheoretisch schon durch recht schwache Forderungen gesichert. Für die Existenz der Menge aller natürlichen Zahlen benötigt man jedoch in der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre ein eigenes Axiom, das so genannte Unendlichkeitsaxiom.

Wir Mathematiker sind die wahren Dichter, nur müssen wir das, was unsere Phantasie schafft, noch beweisen.

Leopold Kronecker

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