Methodik der mathematischen Statistik
Wäre die Altersverteilung in der
Grundgesamtheit bekannt, könnten mit Formeln der
Wahrscheinlichkeitstheorie Wahrscheinlichkeiten für die innerhalb von
Stichproben beobachtbaren Altersverteilungen berechnet werden, die aufgrund der Zufallsauswahl der
Stichproben zufälligen Schwankungen unterworfen sind. In der
mathematischen Statistik nutzt man solche Berechnungen, um
umgekehrt vom Stichprobenergebnis auf die
Grundgesamtheit schlussfolgern zu können: Dabei werden auf
Basis der konkret für eine
Stichprobe beobachteten Merkmalswerte jene Häufigkeitsverteilungen innerhalb der
Grundgesamtheit charakterisiert, mit denen das gemachte Beobachtungsergebnis in plausibler Weise erklärbar wird. Im Blickpunkt theoretischer Untersuchungen stehen nicht nur die getroffenen Schlussfolgerungen selbst, sondern auch Abschätzungen darüber, wie numerisch genau und wie sicher solche Prognosen sind.
Die einen Anwender interessierenden Häufigkeitsverteilungen sind nur indirekt Gegenstand der Methoden der
mathematischen Statistik. Stattdessen beziehen sich diese Methoden auf
Zufallsvariablen. Dabei werden insbesondere solche
Zufallsvariablen betrachtet, deren
Wahrscheinlichkeitsverteilung den relativen Häufigkeiten der Merkmalswerte entspricht. Speziell für das angeführte Beispiel der Altersverteilung ist ein realisierter Wert der
Zufallsvariablen gleich dem Alter eines zufällig ausgewählten Deutschen. Auf diese Weise können die einer
Stichprobe ermittelten Beobachtungswerte als sogenannte
Realisierungen stochastisch unabhängiger und identisch verteilter
Zufallsvariablen aufgefasst werden. Das Vorwissen wird in diesem Fall durch eine Familie von
Wahrscheinlichkeitsverteilungen beziehungsweise durch eine entsprechende Familie von Wahrscheinlichkeitsmaßen repräsentiert. Man spricht von einer
Verteilungsannahme. Diese kann sowohl Aussagen über mögliche Merkmalswerte, etwa in Bezug auf deren Ganzzahligkeit, als auch über den Typ der
Verteilung, zum Beispiel "die Werte sind normalverteilt", beinhalten.
Das zentrale
Gebiet der
mathematischen Statistik ist die Schätztheorie, innerhalb der geeignete Schätzverfahren entwickelt werden. Methodisch wird dabei so vorgegangen, dass man ausgehend von der Verteilungsannahme bestimmte
Klassen von Schätzfunktionen untersucht und hinsichtlich verschiedener Qualitätskriterien (etwa Suffizienz oder Effizienz) vergleicht. Bei einer solchen Schätzfunktion kann es sich sowohl um eine einwertige Näherung eines gesuchten Parameters der
Grundgesamtheit handeln als auch um eine Bereichsschätzung in Form eines sogenannten Konfidenzintervalls. Konkrete Vermutungen über die
Grundgesamtheit können durch geeignete statistische Tests überprüft werden. Dabei wird ausgehend von einer Hypothese auf
Basis des Stichprobenergebnisses eine 0-1-Entscheidung über die Verwerfung beziehungsweise Beibehaltung der Hypothese herbeigeführt.
Ein Mathematiker, der nicht irgendwie ein Dichter ist, wird nie ein vollkommener Mathematiker sein.
Karl Weierstraß
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