Parallelenbüschel und Geradenbüschel

Satz DY88

Beweis

Wegen Satz UK27 bleibt nur noch die Transitivität zu zeigen. Seien nun gg, hh und kk drei Geraden. Angenommen zwei von ihnen sind gleich, dann gilt die Transitivität trivial. Seien die drei Geraden nun paarweise verschieden und es gelte ghg\para h und hkh\para k. Angenommen gkg\npara k, dann gibt es nach Satz UU90 genau einen Schnittpunkt P=gkP=g\cap k. Dieser liegt nach Definition der Parallelität nicht auf hh. Es gibt aber zwei parallele Geraden zu hh, die durch PP gehen, nämlich gg und kk, was im Widerspruch zum Parallelenaxiom ist. \qed
Die Äquivalenzklassen bezüglich der Parallelität nennen wir Parallelenbüschel oder Richtung. Das Parallelenbüschel zu einer Geraden gg bezeichnen wir mit [g][g] und es gilt:
[g]={hGhg}[g]=\{h\in\pset G\verts h\para g\}
Die Menge aller Geraden ist eine disjunkte Vereinigung aller Parallelenbüschel (Satz 5410Y).
In Analogie definieren wir ein Geradenbüschel [P][P] zu einem Punkt PP als die Menge aller geraden, die PP enthält:
[P]={hGPh}[P]=\{h\in\pset G\verts P\in h\}
 
 

Beispiele

PGBueschel.png
Abb. BT41: a) Parallelenbüschel zur Gerade gg, b) Geradenbüschel zum Punkt PP
Abb. BT41 zeigt Beispiele für Parallelen- und Geradenbüschel in unserer Anschauungsebene.
In der minimalen affinen Ebene aus Beispiel UI60 gibt es zwei Parallelenbüschel, eins mit den gkg_{k}-Geraden und eins mit den hkh_{k}-Geraden. In Abb. QN68 sind diese durch unterschiedliche Linienstile hervorgehoben.

Satz RD73

In einer affinen Ebene seien AA, BB und CC drei Punkte in allgemeiner Lage. Dann sind die drei Parallelenbüschel [AB][A\vgr B], [AC][A\vgr C] und [BC][B\vgr C] paarweise verschieden.

Beweis

Angenommen [AB][BC][A\vgr B]\para [B\vgr C] und damit ABBCA\vgr B\para B\vgr C. Nun gilt BABB\in A\vgr B und BBCB\in B\vgr C, also B(AB)(BC)B\in (A\vgr B)\cap (B\vgr C), was aber mit der Definition der Parallelität bedeutet, dass AB=BCA\vgr B= B\vgr C gilt. Nach Satz WI24 ist damit CABC\in A\vgr B im Widerspruch zur Annahme, dass die drei Punkte in allgemeiner Lage sind. \qed
Im weiteren wird sich zeigen, dass in affinen Ebenen alle Geraden gleichmächtig sind.

Satz KS67

BuAbb.png
Abb. DG28: Veranschaulichung der Abbildung χ\chi aus Satz KS67
Seien gg und hh nicht parallele Geraden einer affinen Ebene und χ:[g]h\chi: [g]\to h die folgende Abbildung von der Menge aller zu gg parallelen Geraden in die Menge der Punkte der Geraden hh:
χ(k)=kh\chi(k)=k\cap h für k[g]k\in [g].
Dann gilt χ\chi ist eine Bijektion. Damit können dann je zwei Geraden bijektiv aufeinander abgebildet werden.

Beweis

Da k[g]k\in [g] und hh nicht parallel sind (sie gehören zu verschiedenen Äquivalenzklassen), gibt es nach Satz UU90 einen eindeutig bestimmten Schnittpunkt khk\cap h, also ist χ\chi wohldefiniert.
Es gelte χ(k)=χ(l)\chi(k)=\chi(l) für k,l[g]k,l\in[g], also kg=lg=Pk\cap g=l\cap g=P. Nach dem Parallelenaxiom ist die Parallele zu gg durch PP eindeutig. PP liegt auf dieser Parallele und auf kk und ll, daher gilt k=lk=l, womit gezeigt ist, dass χ\chi injektiv ist. Sei PhP\in h ein Punkt der Geraden hh. Es gibt nach Parallelenaxiom eine Gerade kk mit kgk\para g und PkP\in k, also gilt χ(k)=kg=P\chi(k)=k\cap g=P. Für jeden Punkt PhP\in h gibt es ein Urbild, also ist χ\chi ist surjektiv.
Ks67.png
Abb. QB07: Zum Beweis von Satz KS67
Zwei identische Geraden gg und hh können sicher bijektiv aufeinander abgebildet werden. Sei nun ghg\ne h. Dann gibt es nach Satz NF12 einen Punkt AgA\in g mit AhA\notin h und einen Punkt BB mit BhB\in h und BgB\notin g (vgl. Abb. QB07). Diese Punkte sind offensichtlich verschieden und ihre Verbindungsgerade k=ABk=A\vgr B ist wohldefiniert. Außerdem ist gkg\npara k wegen A=gkA=g\cap k und hkh\npara k wegen B=hkB=h\cap k. Damit gibt es nach dem oben Bewiesenen Bijektionen χg:[k]g\chi_g:[k]\to g und χh:[k]h\chi_h:[k]\to h. Die Abbildung χhχg1:gh\chi_h\circ \chi_g^\me: g\to h ist nach Satz 15XJ eine Bijektion, die gg und hh aufeinander abbildet. \qed

Wie ist es möglich, daß die Mathematik, letztlich doch ein Produkt menschlichen Denkens unabhängig von der Erfahrung, den wirklichen Gegebenheiten so wunderbar entspricht?

Albert Einstein

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