Affine Ebenen
Parallelität
Zwei verschiedene
Geraden g und
h heißen
parallel g∥h, wenn sie übereinstimmen oder keinen
Punkt gemeinsam haben:
g∥h⟺g=h∨g∩h=∅.
Wir schreiben
g∦h falls
g und
h nicht
parallel sind.
Mit dieser Definition kann
Satz SU09 auch wie folgt formuliert werden: zwei
Geraden sind entweder
parallel oder sie haben einen
Schnittpunkt bzw:
Satz UU90
Beweis
Ergibt sich direkt aus
Satz SU09 und der Definition der
Parallelität.
□
Satz UK27
Beweis
Mit
g=g gilt sicher
g∥g und die
Parallelität ist
reflexiv.
g∥h⟹g=h oder
g∩h=∅⟹h=g oder
h∩g=∅⟹h∥g, womit die
Parallelität symmetrisch ist.
□
Satz PW02 (Kollineationen erhalten die Parallelität)
Sei
φ eine
Kollineation, dann gilt für beliebige
Geraden g und
h: aus
g∥h folgt
φ(g)∥φ(h).
Beweis
Für
g=h gilt die Behauptung trivial. Sei also
g=/h und
φ(g)∦φ(h), dann gibt es nach
Satz UU90 einen
Punkt P=φ(g)∩φ(h), also muss
φ−1(P)∈g,h, im Widerspruch zu
g∥h.
□
Das Parallelenaxiom
Abb. KB50: Veranschaulichung des Parallelenaxioms
- ParAx: Zu jedem Punkt A und jeder Gerade g gibt es genau eine parallele Gerade h, auf der A liegt, also h∥g und A∈h.
Eine
Inzidenzebene, in der das
Parallelenaxiom gilt, heißt
affine Ebene. Die parallele
Gerade zu einer
Gerade g durch einen
Punkt P wird im Folgenden mit
P∥g bezeichnet.
Beispiel UI60 (Minimale affine Ebene)
Abb. UT85: Minimale affine Ebene
Die minimale
Inzidenzebene aus
Beispiel AJ15 ist keine
affine Ebene. Wie sieht nun die
minimale affine Ebene aus? Sie muss mindestens 4
Punkte enthalten. Betrachten wir also eine Struktur mit vier
Punkten, wo die
Geraden alle Punktepaare sind, so ist dies nach
Beispiel AV45 eine
Inzidenzebene. Sie ist in Abb. UT85 veranschaulicht. Es gilt
gk∥hk für
k=1,2,3. Es gilt das
Parallelenaxiom, denn zu jeder
Geraden gk gibt es genau eine Parallele
hk und diese ist dann die Parallele für jeweils zwei nicht auf
gk liegende
Punkte. Damit haben wir auch ein Modell für eine affine
Inzidenzebene gefunden. Diese
affine Ebene ist
isomorph zur minimalen
affinen Koordinatenebene aus
Beispiel CK37.
Beispiel
Dieses Beispiel zeigt, dass es auch mehrere parallele
Geraden durch einen
Punkt zu einer vorgegebenen
Gerade geben kann. Wir betrachten die
Inzidenzstruktur aus Abb. HQ71, die der
Inzidenzebene aus
Beispiel AV45 mit fünf
Punkten entspricht. (Die
Geraden sind genau die Punktepaare.) Zur
Geraden g gibt es nun drei parallele
Geraden h1,
h2 und
h3, die sich jeweils paarweise in einem
Punkt schneiden. Damit gibt es zum
Punkt D, der nicht auf
g liegt, zwei parallele
Geraden zu
g, die
D enthalten, nämlich:
h2 und
h3.
Das
Parallelenaxiom ist nicht unabhängig von den drei
Inzidenzaxiomen, es gilt:
Satz KR98
Beweis
Angenommen es gelten
Inz1,
Inz3,
ParAx und nicht
Inz2. Wir werden dies zu einem Widerspruch führen. Nicht
Inz2 bedeutet, dass es eine
Gerade mit weniger als zwei
Punkten gibt. Dazu unterscheiden wir nun zwei Fälle. Zur Veranschaulichung der beiden Fälle dient Abb. RX83.
Abb. RX83: Zum Beweis von
Satz KR98 a) Fall 1 mit einer
Gerade g ohne
Punkte, b) Fall 2 mit einer
Geraden g mit genau einem
Punkt P.
Fall 1: Es gibt eine
Gerade g ohne
Punkte. Nach
Inz3 gibt es drei
Punkte A,
B und
C in
allgemeiner Lage und nach
Inz1 gibt es durch jeweils zwei von ihnen eine eindeutig bestimmte
Gerade. Diese
Geraden haben mit
g keine gemeinsamen
Punkte, da
g ja keine
Punkte enthält, damit sind sie alle zu
g parallel. Der
Punkt A liegt auf den
Verbindungsgeraden A⊻B und
A⊻C, damit ist aber das
Parallelenaxiom verletzt, da es zwei parallele
Geraden zu
g gibt, die durch
A gehen.
Fall 2: Es gibt eine
Gerade g mit genau einem
Punkt P.
Dann gibt es nach
Satz JO42 zwei
Punkte A und
B, sodass diese mit
P in
allgemeiner Lage sind. Nach
Inz1 existiert für
A und
P die
Verbindungsgerade A⊻P. Nach
ParAx gibt es genau eine parallele
Gerade h zur
Verbindungsgerade A⊻P durch den
Punkt B. Wegen dieser
Parallelität liegt
P nicht auf
h und da
g nur den
Punkt P enthält, haben
g und
h keine
Punkte gemeinsam, sind nach Definition also
parallel. Damit sind sowohl
g als auch die
Verbindungsgerade A⊻P zwei verschiedene zu
h parallele
Geraden durch
P im Widerspruch zu
ParAx.
□
Damit können wir in
affinen Ebenen ein Axiom einsparen und diese nur durch
Inz1,
Inz3 und
ParAx axiomatisieren.
Satz DT42 (Unabhängigkeit der Axiome der affinen Ebene)
Die drei Axiome
Inz1,
Inz3 und
ParAx sind unabhängig voneinander.
Beweis
Abb. QT71: Zur Unabhängigkeit der Axiome der affinen Ebene (Satz DT42).
Die isolierten drei
Punkte aus Abb. QT71 a) liefern ein Beispiel, in dem
Inz3 und
ParAx gelten (das
Parallelenaxiom trivial, da es gar keine
Geraden gibt) jedoch
Inz1 nicht.
Abb. QT71 b) zeigt ein Beispiel, das
Inz3 verletzt, da es nur die beiden
Punkte A und
B gibt. Sie sind durch eine
Gerade verbunden, womit
Inz1 gilt und da es keinen weiteren
Punkt gibt, gilt
ParAx offensichtlich.
Seit man begonnen hat, die einfachsten Behauptungen zu beweisen, erwiesen sich viele von ihnen als falsch.
Bertrand Russell
Copyright- und Lizenzinformationen: Diese Seite ist urheberrechtlich geschützt und darf
ohne Genehmigung des Autors nicht weiterverwendet werden.
Anbieterkеnnzeichnung: Mathеpеdιa von Тhοmas Stеιnfеld
• Dοrfplatz 25 • 17237 Blankеnsее
• Tel.: 01734332309 (Vodafone/D2) •
Email: cο@maτhepedιa.dе